Bitten, Suchen, Anklopfen

Do 06.10.2022

Lk 11:9+10 Vom Vertrauen beim Beten

Siehe auch [10 Aussätzige]

Heute geht es um eine Hierarchie. Die Hierarchie von bitten, suchen, anklopfen.

Bitten

Bitten ist die erste Stufe der Gottesbeziehung. Und bitten ist schon viel. Bitten um ein Geschenk, nicht das Empfangen eines Lohnes. Im Bitten ist die Beziehung, die freie Beziehung. Im Bitten ist das Hoffen und Erwarten des gut seins dessen, um den ich etwas bitte.

Die Urform der Bitte ist die Bitte an den Vater. Und in Bezug auf den Text gestern bestätige ich damit den Vater als Vater und mich zunächst als Sein Kind.

Aber normalerweise bittet der Bittende um etwas für sich, und hat dabei auch eine gewisse Trennung. Und das ist an dieser Stelle auch gut, denn er muss sich als ein Selbst erkennen.

Suchen

Für Suchen steht im griechischen zetéo, etwas mit Eifer suchen. Ein Suchender übernimmt ein Stück Verantwortung. Dazu gehört das Untersuchen, das sich Gedanken machen. Ein Suchender ist wohl ähnlich einem Jugendlichen, der spürt, dass er nicht alles weiß, aber mit Eifer sucht, wer er ist, und zu wem er gehört. Suchen ist ein Weg, nicht nur ein Akt, wie eine Bitte.

Suchen ist, mehr als Bitten, ein Akt die Beziehungsaufnahme. Und zwar von beiden Seiten.

Gott verbirgt sich. Er verbirgt sich, um gefunden zu werden. Damit gibt er dem anderen die Möglichkeit, Ihn wirklich zu wollen.

In dem Versteck spielen der Kinder geht es ja nicht darum, versteckt zu sein, sondern gesucht zu werden und gefunden zu werden. Es ist sehr, sehr traurig, wenn der oder die Suchenden die Suche aufgeben und sagen: „na, der wird schon kommen, den brauchen wir nicht zu suchen“.

Suchen bezahlt einen Preis. Auf beiden Seiten. Der Suchende investiert Zeit und Energie und offenbart seine Sehnsucht. Aber auch der, der sich suchen lässt, offenbart seine Würde und dass er den anderen und die Beziehung würdigt. Es ist das Gegenteil von billig.

Das Gegenteil von Suchen ist Zerstreuung und Unterhaltung. Es ist die sofort Befriedigung, das „Genuss jetzt“.

Anklopfen

Für „anklopfen“ steht im Griechischen krouó. krouo steht auch für zerschmettern, zerschlagen. Ein unbedingtes Hineinwollen.

Es meint eben nicht das Abklopfen verschiedener Möglichkeiten, sondern das Finden. Wenn ich den Ort gefunden habe, der das Ziel meiner Sehnsucht ist, meine Heimat, dann werde ich alles tun, um hineinzukommen, werde klopfen, pochen, schlagen, hämmern. Ich bleibe vor Deiner Tür, denn ich habe gesucht und ich habe gefunden und nun will ich hinein.

Ich glaube, dies ist die Stelle und der Ort, an dem es mein Leben kostet. Denn hinein gehen bedeutet: herausgehen aus meinem Leben. ‭ἀνοίγω‭ an-oígo ‭öffnen‭. Das griechische Wort, was hier für öffnet steht an-oigo, meint auch das Eröffnen eines Testamentes. Ist das Testament eröffnet trete ich in die Sohnschaft ein. In das Erbe dessen, dessen Testament das ist.

Ich fasse zusammen: Das Erste, das Bitten, wird von Jesus hier ausführlich beschrieben und mit Verheißungen versehen. Das ist das entlocken und anbieten in die Lebensübergabe, die Taufe, vielleicht auch durch Angehörige, durch die Eltern.

Dann kommt die Zeit der Freiheit, nämlich die Wahl des Suchens oder der Bequemlichkeit. Des eifrigen Forschens oder der angenehmen Zerstreuung. Hier entscheidet sich ein zweites Mal mein Lebensweg. Habe ich in vollem Bewusstsein dessen was mein Herz ersehnt und was es mein Herz kosten wird, den Ort gefunden an dem es sich lohnt einzubrechen und sein Leben zu verlassen um in das Erbe einzutreten, entscheide ich ein letztes Mal und erwarte das Eröffnen des Testamentes.

Ein Kommentar zu „Bitten, Suchen, Anklopfen

  1. Beim lesen erschien mir zum Ersten Mal die Idee möglich, mich endgültig für Gott zu entscheiden und ihm dann alles Weitere immer wieder vorzulegen. BIS hierhin habe ich dies als Gabe betrachtet, die manche eben haben, andere nicht.
    Vielen Dank von Herzen!

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