Ungerechtigkeit

04.11.2022

Lk 16:1-8 Vom ungerechten Verwalter

  • Das Gleichnis heute steht bei Lukas 16 und handelt von dem ungerechten Verwalter. Es ist ein, für mich, schweres Gleichnis, und ich möchte etwas in Anlehnung an dieses Gleichnis sagen.
  • Ich fange heute mit der Praxis an:
    Im Alltag haben wir ein enormes Bedürfnis nach Anerkennung und Respekt. Wir verkleiden das unter dem Decknamen Gerechtigkeit. Wenn wir in einer Situation meinen, zu unserem Nachteil missverstanden worden zu sein, dann möchten wir das sehr gerne aufklären. Selbst wenn wir offensichtlich schlecht gehandelt haben, sagen wir gerne: „eigentlich wollte ich ja …“. Bei mir selbst spüre ich oft und stark, dass, wenn ich etwas Gutes getan habe, ich auch möchte, dass, etwa meine Frau, es sieht.
  • Und eigentlich ist Gerechtigkeit nur unsere letzte Verteidigungslinie. Eigentlich wollen wir mehr als das, was uns zusteht.
  • In der Natur, zu der wir gehören, setzt sich der Stärke, der Erfolgreichere, der Hartnäckige, der Sieger durch. Durchaus auch der Ungerechte, der Brutale, der Aggressive, der Raffinierte. Wenn ich Carl von Clausewitz Buch „Vom Kriege“ lese, wird es ordentlich, wirksam und richtig beschrieben.
  • Ich sage also: Versuche nicht Reich Gottes und das Reich der Welt (oder Gerechtigkeit) unter einen Hut zu bringen. Die Gerechtigkeit des Reiches Gottes ist nicht von der Art einer Gerechtigkeit innerhalb der Welt. Das wahre Reich Gottes ist nicht das, was sich viele Menschen unter einem gesegneten, schönen Leben vorstellen.
  • Ich sage nicht, dass ich hinter der Gerechtigkeit der Welt zurückbleiben soll. Im Gegenteil. Aber ich sage: Mit der Gerechtigkeit der Welt haben wir nichts zu schaffen, sondern mit dem Reich Gottes.
  • Nun aber: Der Mensch ist nicht so gebaut, dass ihm die Welt genügt. Der Mensch ist eben nicht allein nur der aus Lehm geformte. Er atmet zugleich den Atem Gottes, den Gott ihm einhauchte.
  • Gott gab von seinem Geist. Und Gott gab seinen Sohn. Ein Merkmal des Reiches Gottes ist immer der Überschuss. Oder genauer, dass ich von dem meinen gebe. Man könnte auch das alte Wort Opfer dafür benutzen. Ein wirkliches Opfer ist kein Geschäft, sondern immer ein Ausdruck der Liebe. Im Opfer verzichte ich auf etwas Substantielles um des anderen willen. Das Opfer lässt dabei den anderen unbedingt frei.
  • Ein würdiges Opfer ist dabei immer auch ein ganz freies Opfer.
  • Einschub: Ich lerne, gerade jetzt, dass der Begriff „ganz frei“ für uns Menschen erläutert werden muss. Es ist ein Akt, der durch eine Kulturleistung immer weiter entwickelt wird, und nur als Schritt frei ist. Aber der Weg ist ein Weg der Entfaltung. Dazu später mehr.
  • Die Welt ist nun mit dem Himmel verknüpft. Das Reich der Welt und das Reich Gottes verschränken sich. Meine Zugehörigkeit zum Reich Gottes, meine Rolle, Funktion und Aufgabe, wird bestimmt durch mein Handeln in der Welt. Wessen Knecht will ich sein? Der Knecht der Welt, der danach strebt, Ungerechtigkeit auszugleichen, Ungerechtigkeit, die mir widerfährt, oder Knecht des Reiches Gottes.
  • Ich kann tatsächlich eine Wahl treffen. Entweder eine Entlohnung in der Welt, oder ein Tausch. Mein Verzicht auf Entlohnung in der Welt als Zeugnis für meine Zugehörigkeit zum Reich Gottes. Und jeder einzelne Akt, jedes Zeugnis vergrößert mich als geistige Person, baut meine Wohnung im Himmel.

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