Keine Rechte

Di 08.11.2022

Lk 17:7 ff

Das Evangelium spricht davon, dass der Sklave, wenn er von der Arbeit kommt, kein Recht auf Abendbrot hat, sondern zuerst dem Herrn dienen muss.

Die Botschaft dieses Textes ist von meiner normalen Vorstellung von meinem barmherzigen Herrn so weit entfernt, dass ich einen langen Weg durch ein dunkles Tal gehen muss, um zumindest in die Nähe zu kommen.

Und obendrein betont Jesus, dass der Herr auch an keiner Stelle Danke sagen wird.

Und ich habe keine Stelle im neuen Testament gefunden, wo Jesus sich bei irgendeinem Menschen bedankt.

Ist es so um mich bestellt?

Um uns, die wir Knechte des Herrn sind?

Als ich diesen Text gestern Abend gelesen habe, überkam mich eine Traurigkeit und eine Dunkelheit. Aber ich wollte diesem Text standhalten, und still sein, und warten, was er mit mir macht.

Und in diesem stille halten, habe ich erstaunlicherweise entdeckt, dass es okay ist. Ich möchte lieber, selbst in dieser Weise, Knecht Jesu sein als irgendetwas anderes.

Es wiederholt sich, was ich 1986 erfahren habe, als Jesus in mein Leben kam. Ich brauche keine Glückseligkeit, wie sie mir der Weg des Zen Buddhismus verheißen hat. Ich will Gemeinschaft mit Dir, Herr Jesus, mehr als alles andere.

Auf dem Kalenderblatt von gestern steht ein Satz von Epikur: „Ich behaupte, dass die Freude der Anfang und das Ziel des glücklichen Lebens ist.“

Und ich weiß, das ist für mich nicht wahr.

Freude kommt und geht. Und selbst wenn sie da ist, fragt sie nach jemandem, mit dem ich sie teilen kann. Gemeinschaft mit Jesus Christus aber ist konstant, ist immer da und sie beinhaltet Freude, aber sie braucht die Freude nicht.

Ja, das Streben nach Glück ist wie ein Irrlicht. Wie eine Fackel, die bald hier und bald dort ist und mich auffordert, hinterherzulaufen.

Absatz.

Dieser Text bei Lukas folgt einem Text, in dem die Jünger fragen oder darum bitten, dass Jesus ihren Glauben stärkt. Er steht zwei Verse davor. Ich sehe daraus: Die Stärkung des Glaubens erfolgt über Reinigung.

Unser Glaube ist oft vermischt mit Eigeninteressen. Wir wollen Dank, wir wollen Segen, wir wollen Anerkennung und Freude oder sogar Spaß. Wir wollen unsere Probleme gelöst haben.

In dem Geschnatter unserer Gefühle und Wünsche, in dem Geplapper unsere Gedanken spricht Jesus hinein: „Glaube nur.“

In einer Situation am Anfang meines Glaubenslebens, in einem Hauskreis, gab es einen Schweizer Gast, der auf Schweizerdeutsch „Glaube pur“ gesagt hat, als er unser Geschnatter gehört hat.

Für mich war es so, als wenn jemand eine unsichtbare Tür geöffnet hat, einen Ausgang.

Noch ist in meinem Kopf und in meinem Herzen der Lärm von diesem Geplapper und Geschnatter aus diesem Raum. Aber ich gehe nun diesen Flur hinter dieser Tür und freue mich, dass es ruhiger wird, freue mich, mehr von dem Licht zu sehen, was man nur in der Dunkelheit sehen kann.

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