Räuberhöhle

Fr 18.11.2022

Lk 19:45-48 Jesus treibt die Händler aus dem Tempel.

Die Händler im Tempel haben den Menschen geholfen, die etwas opfern wollten. Sie haben Tauben verkauft oder Geld gewechselt, damit man nicht das einzige, was man hatte, in den Opferstock legen musste, weil man kein Kleingeld hatte. Ermöglichung des Opferdienstes, könnte man sagen.

In der Blütezeit der charismatischen Bewegung in der Petrikirche, etwa 1987 /88, gab es einen Kassettenstand im Eingangsbereich der Kirche. Dort wurden auch ein paar christliche Bücher verkauft, aber sehr viele von den wunderbaren Predigten von Wolfram Kopfermann, die den Menschen großen Segen brachten.

Nach einer solchen Predigt (zu diesem Thema), zog sich dieser Kassettenstand in den Vorraum zurück, damit er nicht mehr im Bereich des Gottesdienstes ist.

Irgendwie ein Kompromiss, aber ist das gemeint?

Offenbar ging es nicht um mehr oder weniger, und um ein zu viel. Sondern Er hat die Tische umgeworfen und alle Leute hinausgeschickt, die damit zu tun hatten, und sie scharf kritisiert.

War nicht der Tempel ein Ort des Opfers?

Vermutlich gibt es mehrere Gründe für Jesu Handeln. Mir scheint der vorzügliche Grund zu sein: Es ging um ein Ende des Kompromisses und ein Ende des Handelns und der Frage nach dem „Wie viel“. Und des freikaufen vom Gehorsam durch Opfer.

Mir scheint, es geht um ein hindurchwachsen durch den Kultus, durch Religiosität, hin zu der Begegnung und direkten Verbindung mit Gott.

Religion ist Vorläufiges, ist ein Rahmen. Das eigentliche ist Gebet, Gehorsam, Freundschaft mit Gott.

Das Vorläufige hatte seinen Raum und hatte seine Zeit. Und wenn es eine gute Zeit war, hat uns Religion in die Nähe Jesu gebracht.

Selbst das Wirken Jesu auf Erden, Seine Heilungen, seine Predigten, waren nicht das Eigentliche. Das Eigentliche und das Unveräußerliche und das allein Hinreichende, ist Seine vollständige Hingabe an uns Menschen in Seinem Leiden und Sterben am Kreuz.

Und ebenso für uns: Religiosität, nachdenken über Gott, lesen in der Bibel, kann mich in die Nähe Jesu bringen, aber es ist nicht das Eigentliche.

Der erste gültige Vollzug ist die Hingabe und der Gehorsam gegen Gott.

Ich nenne ein konkretes Beispiel, wie es mir bedeutsam erscheint.

Wir handeln heute nicht mehr mit Tauben und Wechselgeld, sondern mit Meinungen. Unser Marktplatz ist die Diskussion. Wir wählen etwas aus, was wir meinen und glauben wollen, und in dem Akt des Wählens wähnen wir uns als freie Leute. Wir erwägen Meinungen und Positionen, auch von anderen, und stellen unsere Meinung neu zusammen. Ist es nicht wirklich ein Marktplatz?

Vielleicht gibt es in der Vorläufigkeit einen Raum dafür, so wie es eine Zeit des Opferkultes gab.

Aber eine Stunde Gebet, ein Akt des Gehorsams, ist besser als Stunden der Diskussion und des Erwägens.

Um gehorchen zu können, muss ich hören können. Solange ich nicht hören kann, befolge ich Regeln, die so ähnlich aussehen. Ich kann mich nicht selbst bekehren und ich kann nicht gehorchen, wenn ich keine Stimme höre. Aber ich kann die Diskothek des Lebens, den Lärm der Welt, verlassen und in die Stille gehen. Und ich kann mein Herz bereiten. Vielleicht kommt Er vorbei und sprich zu mir: „Heute muss ich in deinem Hause sein“, wie Er es zu Zachäus gesagt hat.

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