Nähe zu Gottes Herz

Sa 03.12.2022

Mt 9:35-10:8. Jesus sieht die verschmachteten und zerstreuten Schafe.

Jesus geht umher und kommt in Berührung mit einer großen Zahl von Menschen. Indem Er das tut, sieht Er all ihre Not, ihre Schwäche, ihre Krankheit, ihre Zerstreutheit.

Das Wort „sehen“, im Griechischen οἶδα‭ oîda,‭‭ ist ein tiefes Wissen, ein in sich aufnehmen und sich nahe sein lassen.

Gott, der gigantische, glänzende, allumfassende Herr des Universums mischt sich unter das Volk.

Bei uns verbergen sich die Reichen in ihren Villen. Da, wo ich wohne, sind nicht weit entfernt die Häuser sehr reicher Menschen. Sie sind kaum zu sehen, denn die Grundstücke sind groß und die Häuser sind hinter Bäumen und Sträuchern versteckt, mit langen Zufahrtswegen.

Gestern habe ich mich mit einem Kunden in der Innenstadt von Hamburg getroffen. Ich hatte noch etwas Zeit und bin durch die Straßen gegangen. Es war eine kalte, geschäftige, gespenstische Atmosphäre. Mein Impuls war, entweder zu schreien oder wegzulaufen. Viel anders kann es im Palast der Eiskönigin auch nicht sein.

Aber der Vater und Schöpfer aller Menschen ist nicht weggelaufen. Er ist hingelaufen.

Damals war es eher der staubige Dreck der Armut. In Hamburg ist es Glas und Metall einer toten provisorischen Existenz, einer Illusion von Leben.

Der Evangelist Matthäus beschreibt zuerst den Schmerz Jesu. (σπλαγχνίζομαι‭ splanchnízomai ‭sich erbarmen). In Jesus dreht sich das Innerste um. Er ist erschüttert, Er ist aufgewühlt, Er ist innerlich erregt. Denn Er sieht beides. Die Not und die Einsamkeit der Menschen und die Liebe des Vaters.

Wir nun, wir können es zulassen, die Mauern und Grenzen unseres Herzens einreißen zu lassen. Nicht mit unserem Unvermögen zu schauen, sondern mit dem Vermögen des Vaters.

Gott ist Trinität. Gott ist ganz Bezogenheit. Und Er hat uns Menschen zu Seinem Bild geschaffen. Unsere Fassaden, die äußeren und inneren, sind zumeist glatt und kalt. Und die Einsamkeit hinter den Fassaden droht dem Leben mit dem Erfrierungstod.

Gott hat uns berufen, Kaminholz zu sein. Es liegt in einem Korb neben dem Ofen. Seine Berufung ist es, Feuer zu fangen und zu verbrennen. Damit sie den Menschen Wärme und Leben spenden.

Mein erstes Erbarmen ist dabei nicht das Erbarmen mit den Frierenden, sondern mit Gott. Ich lasse zu, den Schmerz in Jesu Herzen wahrzunehmen. Indem ich Ihn anschaue und in Seinen Augen das Erbarmen und die Liebe zu den Menschen sehe, empfange ich die Kraft, die Freiheit, Kaminholz zu sein.

Gehe zuerst zum Herzen Gott und lass dich von Ihm senden, denn sonst wirst du leer verbrennen. Das Herz Gottes finde ich in Seinem Blick auf die Welt, in Seinem sich für die Welt verbrennen lassen.

Praktisch:

Ich will mich weniger verbergen vor der Welt. Sondern länger verweilen bei dem Anderen in seiner Einsamkeit. Also stille sein und horchen, was der Gefangene hinter der Fassade leise ruft.

Vielleicht spüre ich dann den Schmerz Gottes. Und stehe bei Ihm, in Seiner Not.

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