Verbundenes Leben

Mi 14.12.2022

Lk 7:18-23 Johannes fragt, ob Jesus der Messias sei.

Am Sonntag wurde diese Geschichte aus der Perspektive von Matthäus berichtet, heute von Lukas. 

Gehorsam ist immer konkreter Gehorsam. Ich suche mir meine Bibeltexte nicht selbst, sondern gehorche der Liturgie der Kirche. Also auch ihrer Leseordnung. Dort offenbart Gott, was Er mir jetzt sagen möchte. Als leibliche Wesen stehen wir immer in einem Kontext. Biblische Wahrheit ist nur gültig als Reden Gottes in den Kontext hinein. Ich kann die Wahrheit nicht sezieren. 

In der zeitbezogenen Gültigkeit offenbart sich die Verantwortung des Gehorchens – des Gehorches vor dem Verstehen. Ich gehorche nicht, weil ich verstanden habe, sondern ich gehorche und werde verstehen. Zum Teil in dieser Welt, zum Teil aber werde ich die Vorderseite des Teppichs erst im Himmel erkennen.

Jesu Leben und das Leben von Johannes dem Täufer sind eng miteinander verknüpft. Johannes wird sechs Monate vor Jesus empfangen. Die schwangeren Mütter verbringen genau drei Monate miteinander. Maria verlässt Elisabeth genau zu der Zeit, als Johannes zur Welt kommt.

Nach Matthäus 4:12 beginnt Jesu Wirksamkeit mit der Gefangennahme des Johannes. 

Die Anfrage des Täufers erfolgt nach Jesu erster Auferweckung eines Toten in Naïn. 

Lukas betont, dass die Anfrage des Täufers zu derselben Stunde erfolgt, als Jesu irdische Wirksamkeit einen Höhepunkt hat.

Jesu Wirksamkeit in der Welt ist, ebenso wie die von Johannes, Teil einer Sinfonie und kein Solo.

Das Leiden des einen gehört zum Wirken des anderen. 

Freiheit und Autonomie ist nicht dasselbe. Wahrheit ohne den Taktstock Gottes ist ein Irrtum. 

Erfolg ist kein Maßstab des Handelns. Denn ich überblicke weder mein Leben, noch meine Bedeutung im ganzen Gottes. 

Des Täufers Gefangenschaft und Jesu große Wirksamkeit erinnert nicht zufällig an Jesu großes Leiden und unsere große Erlösung. 

Unser Geschlecht verwechselt Freiheit mit Individualismus. Wir sind frei, in dem Orchester Gottes mitzuspielen oder nicht. Wir sind aber weder frei in dem, was wir tun, noch in dem, wann wir etwas tun.

Vielleicht kann ich es so vergleichen: Regeln sind wie Taktlinien. Wann ich aber was tun soll, hängt vom Instrument ab, aber mehr noch vom Taktstock Gottes und des Blickes auf mich, wenn es um meinen Einsatz, meine Pause und mein Ende geht.

Meine wunderbare Gesanglehrerin hat mir gesagt: Eine Pause ist kein Ort zum Ausruhen, sondern ein stiller Klang, eine andere Form des Ausdrucks der Komposition. Ein Musikstück lässt uns ein wenig die Zeitlosigkeit Gottes ahnen. Alles gilt zugleich.

So ist mein Leben untrennbar mit dem Leben von anderen, konkreten Menschen verbunden. Es ist eine Schicksalsgemeinschaft, gerade auch in der Unterschiedlichkeit der Schicksale. Und Gehorsam ist nicht nur eine Frage des Ob, sondern besonders eine Frage des Wann. 

Gehorsam vollzieht sich im Jetzt. Ordnung ist nicht allein eine Funktion des Raumes, sondern auch der Zeit.

Und ich will eigenes Scheitern, meine eigene Ohnmacht, nicht als Scheitern an sich, sondern vielleicht als Schweigen deuten. Als ein Schweigen, das eine beredte Sprache im Konzert des Himmels spricht.

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