Sünder sein

So 08.01.2023

Mt 3:13-17 Jesu Taufe am Jordan

Was ich heute Morgen schreibe, ist sehr persönlich. Auch scheint es mir, der Geist Gottes hat mich geführt – aber wissen tue ich es nicht. Jeder suche einen weiteren Zeugen, ob es so wahr ist.

Warum will Johannes Jesus nicht taufen? Er sagt: “Ich bedarf von Dir getauft zu werden“. Als wenn es eine Art Hierarchie ist. Der Höhere tauft den Niedrigeren?

Aber wohl mehr ist es eine Frage, wer und warum jemand der „Taufe der Buße“ und der Taufe der Umkehr bedarf.

Als ich vor etwa 12 Jahren katholisch geworden bin, habe ich eine Generalbeichte bei einem Priester in dessen Wohnung abgelegt.

Als dann das erste Weihnachtsfest nahte, wurden auf die Beichtgelegenheiten in der Kirche hingewiesen. An einem Sonntag entschloss ich mich in der Messe zur Beichte zu gehen. Als die Messe zu Ende war und ich zum Beichtstuhl ging, war dort eine Schlange, eine lange Schlange.

Mein erster Gedanke war: Willst du dich in aller Öffentlichkeit als jemand zeigen, der der Beichte bedarf? Also als ein schlechter Mensch, der konkret gesündigt hat?

Hm – die anderen standen auch da. Mit ernsten Gesichtern. Sünder. Meine Bewunderung dieser scheinbaren Selbstverständlichkeit zur Beichte zu gehen machte es mir leichter – ja beschämte mich.

Dann kam der Gedanke: Jetzt mußt du hier wohl stundenlang anstehen. Gibt es das nicht irgendwo schneller?

Aber in dem Augenblick als ich in der Schlange stand, ganz am Ende, wurde mir klar: Was sollte ich denn an diesem Tag besseres tun, als hier in der Schlange mit all den bekennen Sündern zu stehen? Wie eine Demonstration – nur dass sie nicht für etwas demonstrieren, von dem sie glauben sie wären darin besser – im Gegenteil. Ich stehe in der Schlange in Gemeinschaft mit all denen, die wie ich böses getan haben.

Ich bezeuge: Diese Gemeinschaft dort hat mich verändert. Glückseligkeit.

Gottes Gerechtigkeit und Gottes Heldentum sind anders als es bei uns ist.

Gott stellt sich in die Reihe der Sünder. Er kommt nicht als Held und Überflieger. Sondern schwach wie wir. Mehr als ein Held sein ist der Verzicht darauf, ein Held zu sein. Verzicht, um eines anderen willen.

Gott stellt sich am Jordan nicht über uns, sondern „unter uns“. In beiden Bedeutungen des Begriffes. Tiefer als wir – um zugleich mitten unter uns zu sein.

Jesu Wirksamkeit begann nicht vor Seiner Taufe.

Praxis:

Für mich heißt das: Solange und soweit ich mich über andere stelle, ist meine Wirksamkeit zum Schaden.

Wenn ich über jemanden den Kopf schüttele, wird mein Wort an ihn nicht gesegnet sein – im Gegenteil.

Wenn ich sage „wie kann man bloß?“ bin ich außerhalb des Reiches-Gottes.

Ich werde vom Vater gemeinsam mit diesem anderen beurteilt. Gemeinsam!

Schüttele ich aber den Kopf, sind wir beide Sünder. Er, ob seines Fehlers und ich ob meiner Lieblosigkeit.

Nehme ich aber seinen Mangel als meinen, kann ich in meinem Namen Vergebung erlangen – für beide.

Oft kann ich auch einfach den Mangel des anderen direkt ausgleichen, denn weil ich ihn sehen kann, ist es für mich leichter.

Das ist die Gerechtigkeit, von deren Erfüllung Jesus in Vers 15 redet.

Sie kostet meine Ehre, denn die investiere ich in die Liebe. Die Liebe, die das Gute für den Anderen will, genauer für den Anderen an meiner Seite – damit wir uns nahe sind. Nicht ohne dich, mein Bruder.

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