Aufgespannt sein

So 29.01.2023

Mt 5:1-12 Die Seligpreisungen Jesu.

Über die geistige Armut habe ich schon geschrieben, darum heute etwas, dass auch zu den Texten der letzten beiden Tage passt.

Die Seligpreisungen sagen Dinge aus, die zunächst nicht zusammenpassen.

Geistig arm, ein reines Herz, sanftmütig, friedfertig. Das scheint ein ruhiges Leben zu sein, Menschen, die nicht anecken und kein Problem für andere darstellen.

Es klingt ein wenig nach Leidenschaftslosigkeit, vielleicht Zurückgezogenheit, nach Eremit.

Dann spricht Jesus aber auch vom Leid tragen, von Hunger und Durst, von Verfolgung, von Schmähungen.

Wie kann das jemandem passieren, der friedlich ist, sanftmütig und ein reines Herz hat?

Viele Menschen lesen aus der Bibel, was ihnen ohnehin gefällt und was zu ihrer Überzeugung passt. Auch ich suche manchmal nach einem einfachen, klaren Weg. Nach einem Ort der Ruhe, wo die Richtung klar ist. Z. B. in aller Stille mit Gott sein und keine Texte öffentlich machen.

Analog zu dem Text gestern wäre das: Jesus rechtzeitig bei dem Sturm wecken, damit Er die Probleme für mich löst – denn Er streitet ja für mich.

Wenn ich Ungerechtigkeit erfahre, erlebe ich zunächst Unruhe, vielleicht sogar Zorn. Um Unfrieden zu meiden, kann ich nun aus der Situation herausgehen. Oder es generell nicht zu sehr an mich heranlassen.

Dem wird hier aber klar widersprochen.

Denn es ist von Hunger nach Gerechtigkeit die Rede, von Durst.

Die Sanftmut des Mannes Gottes führt zu Schmähung und Verfolgung.

Ein reines Herz führt zur üblen Nachrede von anderen.

Es ist klar, was sich hier anbahnt.

Die Not des anderen, die Not der Welt zu sehen und weder auszuweichen noch sie mit Gewalt zu beseitigen, führt ins Leid.

Aber auch dies ist kein Weg, den ich gehen kann, ohne das Licht des Geistes, das mir an meinem Fuß eine Leuchte ist.

Eins jedoch halte ich fest: Man wird den beglückwünschen, der in dieser Haltung gefunden wird.

Makarios meint nicht glücklich in unserem Sinn. Es meint, analog des hebräische Wortes ‭יֵרְשַׁא‭ ashré, einen Segenszuspruch.

Etwas Zugesagtes, nicht etwas schon Empfundenes, Erlebtes!

Es fordert zum Glauben heraus. Entgegen dem, was ich fühle und erlebe: Wisse, es ist gut.

Es ist ein erstaunliches Phänomen, dass unser Gewissen, wenn wir es freigeben, größer sein kann als alle Gefühle.

Der Kampf richtet sich gegen die Ich-Sucht. Ein Ringen um Vertrauen auf den, der mich mehr liebt, als ich mich je lieben könnte.

Beide Lösungen des Menschen, sowohl Vermeidung als auch Bekämpfung, sind letztlich ichbezogen. Sie wollen meinen Schmerz beseitigen, den ICH habe.

Gott fragt mich aber, ob ich Teilhaber SEINES Schmerzes werden will.

Sein Schmerz kommt daher, dass Er unsere Freiheit respektiert, ohne sich von uns zurückzuziehen.

Es steht hier also eine Zusammenfassung der Bergpredigt (die es noch weiter zu entfalten gilt), die mich nicht zu einem schönen Leben führen will, sondern zur Teilhabe am Herzen des Vaters.

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