Intimität

Fr 10.02.2023

Mk 7:31-37 Jesus heilt den Taubstummen im Zehn-Städteland.

Jesus, der Rabbi, macht sich weiter mit Heiden unrein. So sieht es zumindest aus. Sein Weg ist nicht ein Rückzug, eine Absonderung, eine persönliche Heiligkeit im Tabernakel.

Im Gegenteil. Jesus geht extrem nahe und leiblich mit den Menschen um. Und das Volk ersehnt genau das.

Wir sind aus Lehm und Gott formte den Lehm. Der einzige Schöpfungsakt, der nicht allein durch ein Wort geschah.

Viele Wörter offenbaren dies in diesem Text:

Die Menschen möchten, dass Jesu die Hände auflegt, ihn berührt.

Jesus sondert sich ab, auf intime Weise: Du und Ich.

Er legt die Finger in die Ohren, Er benutzt Seinen Speichel und berührt damit die Zunge des Menschen.

Er seufzt (seelische Nähe!).

All dies im Dreck der Welt, leiblich intim, nahe und persönlich.

Und nun verbindet Jesus es mit dem Himmel (sah auf) und mit dem Geist (in Form des Wortes Effata, öffne dich).

Und Jesus setzt den Menschen in seine ursprüngliche, vollkommene Wirklichkeit ein: zugleich Welt (Leib), Geist (Logos) und Bezogenheit (Liebe).

Mir scheint, dass viele Menschen im Zuge ihres Rückzuges aus der Verantwortung und damit aus der Personalität, einen Ersatz gesucht haben und suchen. Dies ist zum großen Teil Individualität (Tatoo’s, Veräußerlichung, aber auch Meinungen).

Aber es ist auch körperliche Abgrenzung.

Berührung wird von einigen Menschen als übergriffig empfunden – und das kann es auch sein.

Es kann aber auch die Sorge sein, dass die Nähe des anderen mir mein Selbst raubt.

Manch einer ist froh, dass ihn die Etablierung der Coronamaske in eine autonome Isolation bringt, die ihm das Gefühl gibt, er selbst zu sein. „Fass mich nicht an, denn ich bin ich“). Soziale Distanz als positiver Wert – grauenhaft.

Das Heil wird wesentlich durch Berührung vermittelt. Das extreme Beispiel ist die Eucharistie. Wer das katholische Verständnis kennt, weiß, wovon ich rede.

C.S. Lewis hat in seinem Buch „Die große Scheidung“ auf bedrückende Weise diese zunehmende Distanzierung beschrieben – der Weg in den geistigen Tod.

Es gibt Menschen, die lassen sich von mir in den Arm nehmen. Wir bleiben einige Momente in der Nähe und klopfen uns nicht nur den Dreck von der Schulter.

Wenige sind es.

„Er hat alles wohl gemacht“. Das Wort meint hier etwas anderes, aber ich nehme es für das sensible Einfühlen in die Möglichkeit von körperlich/leiblicher Nähe.

Respekt für das, was dem anderen möglich ist – nicht übergriffig sein.

Zugleich Gott (oder Maria) darum bitten, dass der andere Mut zur Nähe entwickelt.

Intimität braucht Verborgenheit. Und damit ist es keine Sache für die Öffentlichkeit. Es zeigt, dass Jesus den Menschen einzelnen erlöst und ihn dann der Gemeinschaft zurück gibt.

Es gibt die große Schar (z. B. die Bergpredigt).

Aber es gibt keine Massenheilungen. Berührung geschieht in Raum und Zeit, sehr lokal.

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