Sichtbarwerdung des Herzens

Mo 27.02.2023

Mt 25:31-46 Das Weltgericht

Was du diesem, meinem geringem Bruder, getan hast, hast du mir getan.

Dass Hunger, Durst, Heimatlosigkeit und all das, was Jesus nennt, auch heute brandaktuell ist, habe ich an anderer Stelle beschrieben.

Es ist sowohl physisch, aber in unserer Umgebung auch seelisch und geistig zu verstehen.

Heute sehe ich besonders zwei Dinge:

a) Es geht nicht darum, ob ich etwas Falsches mache. Nicht um das, was wir allgemein Sünde nennen. Stehlen, Lügen, Ehebrechen, Völlerei etc.

Das Meiden von diesen Dingen ist vielmehr ein bereit werden für das Eigentliche.

Das Bereit werden geschieht durch Horchen auf die Ordnung in einem ersten Schritt.

Hier aber geht es um das, was ich nicht getan habe.

Wenn ich nämlich nichts Falsches mache, mache ich immer noch mein eigens Ding. Lebe ich immer noch in meiner Welt.

b) Weder die Schafe noch die Böcke haben Jesus im Anderen gesehen. Es geht also weniger um Erkenntnis. Die Botschaft ist also nicht: „Mach dir klar, dass Jesus in dem Bedürftigen ist und hilf Ihm im Anderen“.

Mir scheint, es geht zunächst darum, z. B. die Gefangenschaft des Anderen überhaupt zu sehen und an mich heranzulassen.

Beispiel:

Vor kurzem hat mich jemand laut angefahren und beschimpft. Ich bin in den Modus „Ruhig bleiben und sachlich sein“ gegangen. Aber ich wußte eigentlich, dass ich seine Ideologie, seinen Hilfsgott infrage gestellt hatte. Ich habe ihn an sein gefangen-sein erinnert.

Es ist mir in dem Moment nicht gelungen, ihn in seinem Kerker zu besuchen, sondern ich rief nur von außen. Ursache war, dass ich zu sehr mit mir beschäftigt war, mit meinem Selbstmitleid, meiner Selbstverteidigung, dass ich so angefahren wurde.

Als jemand, der für sich selbst zuerst sorgt, passe ich nicht in das Reich Gottes. Da nützt mir auch keine Gnade. Ich selbst sehe den Anderen zu wenig, und als nicht sehender werde ich letztlich auch nicht gesehen.

Wenn ich einen Menschen anschaue, ihm begegne, erkenne ich sowohl ihn, aber mehr noch sehe mich in ihm erkannt. Darin wieder erkenne ich ihn als mich erkennenden.

Klingt kompliziert. Und ist etwas, was ich nicht machen kann, sondern nur zulassen kann.

Der Bedürftige, den ich sehe, sehe ich erst richtig, wenn ich seine Frage an mich wahrnehme. Er fragt: Wer bist du für mich? Bist du mir Nächster?

Vergl. Jesu Schlusssatz in der Geschichte vom barmherzigen Samariter.

Wenn der Andere nur mein Nächster ist, ist er Objekt. Wenn ich jedoch ihn erkenne, als den, der sich vor mich stellt und mich anfragt, ist er ein Gegenüber.

Es geht nicht darum, irgendetwas zu tun. Werke als Ausdruck meines Selbst. Vergleiche meine Andacht von gestern.

Was ich zu tun habe, ergibt sich aus der Ansprache des Anderen. Der ist dann in gewisser Weise der Ausdruck der Ansprache Gottes an mich.

Gehorsam sein bedeutet also, zu erkennen und anzunehmen, was der Andere von mir zu recht erwarten kann, was er für sein Sein braucht. Jeder braucht es gesehen zu werden. Hier und jetzt bin ich der, der den Anderen als Person ansieht.

In allen Äußerungen von Menschen erkenne ich die Frage: Siehst du mich?

Besonders in Vorwürfen!

Vorwürfe schallen aus dem Keller der Einsamkeit. Rechtfertige ich mich, bestätige ich die Angst des Anderen allein zu sein.

Weil ich mich um mich kümmere.

Aber bin ich denn nicht von mir erlöst?

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