Die „Dummheit“ Gottes

Mo 06.03.2023

Lk 6:36-38 Was ihr dem anderen tut, das wird euch getan.

Wenn ich auf psychologischer Ebene mit jemandem spreche, werde ich nicht einfach sagen: „Gib, und dir wird gegeben“. Es hängt davon ab, ob dieser Gebende nicht einer ist, der sich regelmäßig verausgabt. Jemand, dessen Geben eine Methode ist, ein Ringen um Selbstwert, indem er ein Gebender ist. Ausgeprägt z. B. im Helfersyndrom.

Das gilt auch für Vergebung. Wenn jemand, der in einer gewissen Abhängigkeit zu jemandem lebt, der ihm schadet, jenem ständig vergibt – was wird dabei herauskommen?

Ich bin gewiss, dass Jesus diese Aussagen weniger auf einer weltlich-psychologischen Ebene sagt. Jesus heilt die Welt nicht in sich als Welt.

Die Prinzipien des Schöpfers haben zwar eine positive Wirkung – auch ohne den Glauben, einfach in der Welt. Aber letztlich ist Jesus nicht gekommen, um der Welt die wahre Lehre Gottes zu bringen, damit sie richtig leben können.

Es ist ein wenig wie bei einem geschlossenen System. Man kann innerhalb des Systems kaum etwas ändern. Will man etwas ändern, muss man etwas hinzufügen. Z. B. Information. Indem das System dann genauer den Prinzipien des Schöpfers angepasst wird, wird es auch besser laufen.

Ich glaube aber nicht, dass Jesus dazu gekommen ist.

Die Bergpredigt, zu der dieser Text gehört, ist kein Rezept für die Welt. Zwar kann die Welt einen Nutzen daraus haben – aber wenn ich die Worte Jesu ernst nehme, spüre ich sofort: Das ist es eigentlich nicht.

Noch einmal deutlich: Wenn ich vergebe, heißt das nicht, dass andere Menschen auch mir vergeben. Wenn ich gebe, ist es nicht sicher, dass mir gegeben wird. Vielleicht im Gegenteil – man erwartet von mir noch mehr.

Auch eine Pascal’sche Spekulation (vergl. Pascal’sche Wette) überzeugt mich nicht. Das Verhältnis von Etwas zu Nichts ist nicht viel anders als von Etwas zu Unendlich.

Wenn ich also heute gebe, um im Himmel zu empfangen, kann es ein schlechtes Geschäft sein. Und ich bin überzeugt: Es ist besonders deshalb ein schlechtes Geschäft, weil es das Geschäft einen „Krämers“ ist, eines Spekulanten.

Wir sollen sein wie unser Vater im Himmel – der ist kein Krämer.

Um diesen Abschnitt aufzulösen, benötigt man den nachfolgen Vers:

“‭39‭ ‭Und‭ er sagte‭‭ ihnen‭ ein Gleichnis‭:‭ Kann‭‭ auch ein Blinder‭ einem Blinden‭ den Weg weisen‭‭? Werden sie nicht‭ alle beide‭ in‭ die Grube‭ fallen‭‭?‭”

Niemand auf Erden ist nicht blind. Niemand ist ohne Splitter im Auge (V41).

Allein von außerhalb der Erde, der Welt, ist wahres Sehen. Das Sehen, von dem ich gestern gesprochen habe (die Jünger erkennen Mose und Elia als genau diese).

„Ein guter Mensch bringt Gutes hervor, aus dem Schatz seines Herzens“ (V45). Nicht aus dem Schatz seines Verstandes, seiner Spekulation. Nicht aus Regeln oder Tricks für ein „gelingendes Leben“.

Jeder Mensch kann das System Welt durch den Himmel befruchten. Entweder wie ein Träumender (ein Nichtchrist) oder wie ein Glaubender (ein Christ). Das Evangelium Jesu würdigt uns, zu wissen, zu wem wir eigentlich gehören – und warum!

Der Engel Gottes steht als stummer Zeuge am Rande meines Blickfeldes. Er erinnert mich an meine Heimat beim Vater – wenn ich will. „Oute“ (bekenne) ich mich als einer, der eigentlich die „Dummheit Gottes“ mehr liebt als die Schlauheit der Welt?

(Mit „Dummheit“ meine ich das Primat der Liebe über das Primat der Klugheit der Welt, der Selbstsorge).

Gottes Weisheit ist „Dummheit“ in der Welt. Ich wähle Gottes Weisheit.

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