Wozu sollte ich heute leben?

Mi 08.03.2023

Mt 20:17-28 Ankündigung des Leidens und Ehre der Jünger

Als ich am Morgen erwacht bin, war mein Gedanke, wie so oft: Was ist dies für ein Tag? Was wird er mir bringen? Wird es ein schöner Tag? Habe ich etwas, worauf ich mich freuen kann?

Oder wird es Mühsal und Enttäuschung geben. Vielleicht sogar ein Tag des Scheiterns? Ein Tag in Richtung des Alters und körperlicher Risiken (Verfall).

Warum eigentlich sollte ich diesen Tag leben?

Er wird vergehen – werde ich dann sagen, es ist gut, dass er war? Wenn ich die Bilanz meines Lebens ziehe, bin ich dann dankbar für diesen Tag? Wird mein Vater sagen: Es war gut, ihm diesen Tag zu schenken?

Der Text heute antwortet auf meine Frage, die mir gestern offen geblieben ist. Es war die Frage nach Leiterschaft, den Ältesten, und den Vätern im Glauben. Es schien gestern so, als wenn Jesus das Ganze von Tisch wischt.

Heute aber nicht.

Jesus hat es mit den Jüngern zu tun. Mit Menschen, wie ich einer bin. Obwohl ich von Dir, Herr, die rechte Lehre höre, drehe ich mich um und wünsche mir Dinge, die dem entgegenstehen. Ich lebe als einer aus der Welt, als wenn ich nichts gehört hätte.

Jesus redet vom Scheitern in der Welt. Sein Weg wird, weltlich gesehen, scheitern. Zuerst wird es den sozialen Tod geben, dann persönlichen Schmerz und schließlich den physischen Tod.

Die Jünger hören das – und fragen nach sozialem Erfolg im Reich Gottes. Sie deuten das Reich Gottes weltlich – wo die Welt in ihrer Autonomie doch genau das ist, was gewandelt werden soll.

In den Texten gestern und heute geht es darum, dass, was Jesus schon in der Ich-Du Beziehung gesagt hat, auf soziale Gruppen anzuwenden.

Jesus verneint keine Leiterschaft. Er verneint die Leiterschaft mit der Haltung des Herzens, wie Er sie bei mir vorfindet (eben dieselbe wie bei der Mutter der Kinder des Zebedäus). Die Haltung des „welche Ehre habe ich davon“? Welche soziale Stellung im Himmelreich? Für eine gute Position, ja die beste Postion im Himmel, trinken Johannes und Jakobus auch jeden Kelch aus.

(Nur am Rande: Ich kann mir kaum jemand Besseres links und rechts von Jesus vorstellen als diese beiden. Der Märthyrer und der Mann der Liebe).

Es ist enorm tröstlich, dass diese Jünger, die doch in ihrer Weltliebe so hartnäckig waren, dennoch gewandelt wurden. Das sie dazu kamen, solche zu sein, wie Jesus ist. Menschen, die nicht sich selbst leben. Sondern dem Menschensohn leben. Sie würdigen diesen Namen (Menschensohn), den, der sich so mit den Menschen verbunden hat, dass mit der Ehre der Menschen auch Seine Ehre verbunden ist. Menschen werden so sehr „Gottessöhne“, dass es recht ist, dass der Gottessohn sich Menschensohn nennt.

So klärt sich auch die Frage von gestern. Jesus spricht mit Menschen der Welt anhand des Beispiels der damaligen Leitung, der „Väter“. Auf der Ebene der Welt sammelt ein Leiter die Aufmerksamkeit der Gruppe für sich, für seine soziale Position. So ist das Maximale in der Welt, nicht zu leiten. Sich nicht „Vater“ nennen zu lassen. Allerdings ist dies dann nur „nicht falsch“.

Richtig ist es, ein Leiter (ein „Vater“) wie Jesus zu sein. Der seine soziale Stellung opfert, wie Jesus es in Kürze tun wird. Der die Aufmerksamkeit, die Er bei Gott hat, auf die von Ihm geliebten Jünger richtet.

„Vater, wenn Du mich lieb hast, liebe die, die ich liebe – meine Jünger“.

Es stellt die weltliche Art der Leiterschaft auf den Kopf. Was ich an Aufmerksamkeit habe, verschenke ich an die, die zu mir gehören.

Noch kurz zu meiner Morgenmelancholie. Wenn ich mich traue zu fragen und zu suchen, was die Welt heute von mir hat, was heute meinen Vater ehrt, empfinde ich eine Art Unverletzlichkeit vor der Unbill des Lebens.

Alle Sorge oder Angst schwindet, es ist gut, diesen Tag zu leben.

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