Tag ohne Licht

Sa 08.04.2023 Karsamstag

Betrachtung

Das Evangelium von heute handelt schon von der Auferstehung. Aber es ist noch die Nacht von Karfreitag auf Karsamstag. Es ist dunkel. Niemand ist auf der Straße.

Offenbar gibt es keine Liturgie für diesen Tag.

Alles schweigt. Selbst die Kirche schweigt.

Wie war es für die Jünger an diesem Tag?

Ich denke an zwei Erlebnisse in meinem Leben. Dinge, die zuvor mein Leben zentral bestimmt haben, endeten – von einer Minute zur anderen.

Das eine war ein Gemeindeausschluss. Nach langen, schweren Zeiten erhielt ich die Nachricht, ich dürfe die Gemeinderäume der Gemeinde, die ich wesentlich mitbegründet habe, nicht mehr betreten.

Das andere Mal war es die Insolvenz der Firma, in der ich Entwicklungsleiter und mehr war, und um deren Existenz ich mit einem Freund zehn Jahre gekämpft hatte.

Wie nach einer Explosion plötzlich eine unheimliche Stille ist. Nicht eine lauschende Stille – eine betäubende Stille. Alle Gedanken laufen ins Leere. Alle Hoffnung ist ihrer Wurzel beraubt.

Wie viel mehr, für die Jünger.

Ein wenig empfinde ich es heute: kein Evangelium für diesen Tag (nicht formal, aber inhaltlich). Ich habe auch sonst wahrgenommen, wie sehr es mir Quelle des Lebens ist. Wie dankbar ich für die Leseordnung der Kirche bin. Wie wichtig das Skelett der Liturgie ist. Nur eigene Gedanken sind wie Fragezeichen im Wind. Wozu?

Wer einmal Christus verkostet hat, wie soll er ohne Ihn leben? Er ist mein tägliches Brot. Unvorstellbar, Ihn nicht bei mir zu haben.

Der Sterbetag ist etwas Eigenes. Aber der Tag des Nichts etwas ganz anderes. Ein Geschmack von Nichtung – das Gegenteil der Liebe.

Mein Sein ist kein Da-Sein, sondern ein Bezogen-sein. Selbst meine Beziehung zu Menschen, die ich Liebe ist merkwürdig schwebend, wenn die Beziehung zu Ihm verdunkelt ist.

Mir scheint, der Karsamstag war für die Jünger der Tod ihres Gottesbildes. Und darum auch eine Gnade.

Was haben sie gemacht? Wieder fischen gehen am See Genezareth und das vorherige Leben wieder aufnehmen?

Anders als sie, weiß ich von morgen – von Ostern. Aber ich will eine Weile bei ihnen sein, wie bei einem Freund, der seine Liebe verloren hat. Es ist die Höhe und Breite und Tiefe unseres Seins. Zwischen Hoffnung und Nichtung. Zwischen Sehnsucht und Vollendung gibt es eine Lücke.

Es ist dann, als wenn das Herz zum Spott weiter schlägt – obwohl doch alles leer ist. Wozu denn?

Die Auferstehung kommt von woanders her. Ich kann sie nicht machen. Es stirbt das alte Gottesbild – was bleibt? Wo bist Du, Gott?

Hiob sagt: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.

Auch ich weiß es. Und so: ich kann den Tag des Nicht-Himmels, den Tag zwischen den Welten, annehmen. Denn ich weiß es – auch wenn ich Ihn nicht immer spüre.

Und Er wird mir kostbarer sein, den je.

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