Wo war Jesus?

So 16.04.2023

Joh 20:19-31 Jesus kommt zu den eingeschlossenen Jüngern

Mehr als je sehe ich dieses Jahr die dunklen Seiten von Ostern. Nicht, dass Ostern dunkel ist, sondern dass Ostern im Dunklen stattfindet.

Jesus kommt „am Abend“ zu den Jüngern.

Wo war Er den ganzen Tag?

Sollte der Auferstandene nicht sogleich die verstörten Jünger aufsuchen? Sie, die ihr Leben Ihm anvertraut haben?

Und nach diesem ersten Treffen dauert es eine Woche, bis Er wieder erscheint.

All die Zeit haben die Jünger Angst gehabt. Sie lebten hinter verschlossenen Türen. Ihr Augenmerk war auf die Gefahr gerichtet, die Gefahr in Sippenhaft genommen zu werden. Sie hielten nicht die Tür offen, für Jesus offen.

Hat Jesus sich denn nicht nach Seinen Jüngern gesehnt?

Ostern – und doch einsam.

Es ist gut, dies eine Weile zu verkosten. Durch die propagierte Osterfreude ist mir dies bisher zu wenig nahe gewesen.

Die Jünger sind einsam. Ich denke, auch Jesus war einsam. Und das im Spannungsfeld der Auferstehung.

Am Ostersonntag für Jesus, und nach dem ersten Treffen auch für die Jünger.

Also nicht eine depressive, verzweifelte Einsamkeit – sondern eine fragende, geheimnisvolle, sehnsuchtsvolle Einsamkeit.

Wo bleibt der Bräutigam?

Es erinnert an das Gleichnis mit den zehn Jungfrauen, die die ganze Nacht auf den Bräutigam warten.

Allerdings ist es noch dunkler, denn Angst schwebt über der Situation. Angst und Unsicherheit.

Jesus sagt ihnen Frieden zu – das was offenbar bitter nötig.

Dann schon am Osterabend: der Sendungsbefehl, die Vollmacht.

Ich spüre förmlich die Fragezeichen in den Herzen der Jünger.

Was soll das?

Ich habe schon bedacht und genannt: die Klärung und die Prüfung der Herzen. Wo nichts sonst ist, zeigt sich der reine Glaube.

Dann aber auch: Eine Art „aufspannen“ eines Bogens.

Ein Zugleich:

Wir meinten alles wäre verloren – aber nein, es ist alles so, wie sein soll. Das Kreuz war kein Scheitern – es war ein durchschreiten eines Todpunktes hin zum eigentlichen Anfang.

Und:

Der „gemütliche“ Teil mit dem Wunderheiler Jesus ist vorbei. Nicht Jesus und ich, oder Jesus und wir zwölf.

Sondern: wir, als Jesus, für die Welt. Wir, aus dem Herzen Jesu kommend, für die Welt, wie Jesus, aus dem Herzen des Vaters kommend, für uns.

Jesus ist nicht in die Welt gekommen, um der Welt Jesus zu bringen – sondern den Vater.

Das mag wie ein Detail klingen – ist es aber nicht. Im Reich Gottes geht es nicht um mich, sondern darum, Gott zu den Menschen zu bringen.

Darum kann ich vielleicht eine Weile gemütlich und heimelig mit Jesus sein – aber das ist nicht der Sinn Seiner Nähe. Sondern es ist ein Bereiten.

Ich verkoste Ihn, ich erkenne und empfange Seine Herrlichkeit. Wie sehr will ich nun, dass diese Herrlichkeit zu meinem Bruder und jedem Menschen kommt. Freude ist immer Mitfreude.

Vielleicht nicht ganz spontan – sondern auch, indem Jesus sich rar macht.

Aber nur, wenn ich Jesus von Herzen und mit Schmerzen ersehne, wird ein Bogen gespannt.

Im vorletzten Vers der Bibel steht die Verheißung: „Ja, ich komme bald“, die in den Ruf mündet: „Amen, ja komm, HERR Jesu!“

Will ich diese Spannung annehmen? Dich ersehenen und Dein Kommen für die Welt. Ja, komm, Herr Jesus.

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