Geboren werden

Mo 17.04.2023

Joh 3:1-8 Nikodemus

Zuerst verweise ich auf den Text von Eugen Grialou: Grialou

Grialou ist einer meiner wichtigsten geistlichen Lehrer.

Grialou deutet an, dass der Weg der Jüngerschaft in Richtung Kindschaft bis hin zur völligen Abhängigkeit führt.

Nikodemus kommt in der Nacht. Es ist für ihn die Nacht der Empfängnis. Die Geburt ist sichtbar – die Empfängnis nicht.

Warum erzählt Johannes diese Geschichte?

Es klingt doch so, als wenn alles vom Außen abhinge. Ich werde geboren. Von woanders her. Der Wind weht, wo er will.

Sind wir denn nur Objekt? Vorbestimmt, wie viele glauben?

Ist denn der Geist ein Vergewaltiger?

Niemals!

Zwei Antworten:

Medium

Splett betont, dass es in anderen Sprachen neben der Verbform aktiv und der Verform passiv auch noch das Medium gibt. Das „lassen“.

Z. B. : Ich lasse mir etwas sagen.

Das finden wir deutlich bei Nikodemus. Er versteht nicht – aber er lässt es sich sagen. Anders als die meisten anderen Pharisäer – anders als die meisten Menschen heute.

Sich etwas sagen lassen, ist immer mit Demut verbunden. Mich beeindrucken lassen ist das Erlauben eines Eingriffes in meine Souveränität.

Die Gemeinde Gottes ist Braut Jesu. Sie ist es, die sich etwas sagen lässt – ja, die sich von Ihm befruchten lässt.

Die Übersetzung von Medium mit „Gehorsam“ klingt nicht so charmant. Dabei ist nur der erzwungene Gehorsam im Blick. Ich aber möchte gehorchen – denn ich weiß, wem ich gehorche.

Zum Thema Gehorsam habe ich viel geschrieben – gern weiter danach suchen und fragen.

Das „Kleine“

So nenne ich es. Das Kleine ist das, was ich tun kann.

In dem Gefühl der Überforderung kommt schnell die pauschale Abwehr. Ich kann nicht erkennen, wie ich den Weg später gehen könnte – also wage ich den ersten kleinen Schritt nicht.

Wenn ich mich aber Dem anvertraue, den mein Herz ersehnt, dann gehe ich den ersten Schritt – egal wie klein ich zunächst nur gehen kann.

Im Schwarz-Weiß denken (und reden) flüchte ich mich in die Ausrede der Überforderung. Sobald ich, statt zu fragen, was ich nicht kann, frage, was ich dennoch kann, werde ich ein verantwortlicher Mensch. Und nur das führt zu dem zweiten Schritt und zu der Verwandlung hin zu einem anderen Menschen.

Alles Übertreiben ist kein lustiger Spaß – sondern schreckliche Zustimmung zu einer Opferrolle. Genauer: zur einer Lüge.

Es ist bequem wütend zu sein, es ist bequem zu verdammen. Sei es, dass ich jemanden kritisiere (gern z. B. Politiker) und dabei übertreibe, sei es, dass ich mich selbst verdamme oder für zu schwach halte.

Ich kenne das sehr gut und war Meister im extrem formulieren. Und es steckt mir noch in den Knochen.

Niemand ist für alles zu schwach.

Ist es nicht unsere Eitelkeit, die Großes will?

Großes für mich.

Ihm aber mit kleinen Schritten zu folgen ist menschlich klein – jedoch Ausdruck eines Blickwechsels. Von mir zu Ihm.

Das Nikodemus im Schutz der Nacht kam, ist nicht feige, sondern es ist Demut. Er weiß, dass er schwach ist – und macht doch diesen „kleinen“ Schritt. Nicht als ein Held, sondern schon hier in Demut.

Im Vers acht steht, dass wir das Sausen des Windes hören.

Hier ist unsere Verantwortung. Wir können das Sausen ignorieren. Und still zu Hause bleiben. Das Sausen geschieht in der Nacht. Es ist ein leises Anklopfen. „Komm“ – sagt es.

Manche sagen, alles sei Gnade.

Wenn ihnen aber die Gnade begegnet, dann bleiben sie sitzen und wollen sich weiter locken und umwerben lassen. Sie pochen auf ihre Souveränität und geben Gott Schuld: Er hat mich eben nicht aufgesucht.

Wird sich dies am Ende bestätigen? Will ich Gott mit Ausreden kommen, wie unser Vater Adam?

Ich möchte schon im Dunklen gehen – bevor ich verstehe.

Ich verweise zum Thema Freiheit auf einen Text vom 02.01.2022:

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