Mehr als für sich selbst

Di 18.04.2023

Joh 3:7-15 Nikodemus und der Plural

Nikodemus ist ein Lehrer des Volkes. Jesus spricht ihn persönlich an – aber auch als Lehrer des Volkes. Besonders ab Vers 11.

Oft geht es den Christen um ihr persönliches Heil. Oder auch um das persönliche Heil eines anderen – als wäre das etwas anderes.

Es hängt aber mehr zusammen als ich oft dachte. Nicht nur ich als Person und die Personen, mit denen ich zu tun habe, sondern auch mein Amt, meine Rolle sowie das Volk, zu dem ich gehöre und auch die Epoche.

Ich habe dazu geschrieben (Thema „Geschlecht“).

Jesus nennt bei Nikodemus die Rolle (‭διδάσκαλος‭ di-dáskalos ‭Lehrer) und den Bezug, nämlich in oder für Israel, dem auserwählten Volk.

In Vers 11 leitet Jesus Sein Reden mit Amen, Amen ein. Ein Zeichen, dass die Rede ein Zeugnis ist – keine Idee von Ihm aus. Wieder im Plural. „Wir zeugen, was wir gesehen haben.“ Auch Jesus ist nicht nur Einzelperson.

Und wir Menschen, als „Bild Gottes“ sind nicht nur Person eins und Person zwei.

Ich bezeuge, dass das Lebensgefühl sich in ein völlig anderes wandelt, sobald ich mich vergesse und meine Verantwortung, meine Bedeutung und meinen Wert für andere Menschen erblicke.

Ist mir das Leben für mich selbst manchmal mühsam und merkwürdig fade, so wandelt es sich, sobald ich spüre, es ist für andere gut, dass ich bin.

Die Möglichkeit, für andere gut zu sein, beinhaltet auch Verantwortung. In der Familie, im Privaten – aber auch für die Kirche, das Volk und die Zeit.

Mir scheint, dass man „völkisch“ heute nur in Anführungszeichen schreiben darf, kann ein Indiz für eine gespürte Bedeutung sein, die in ihrer Last nicht mehr getragen werden will. Denn immer, wenn ich auf eines schaue, schaue ich nicht auf das andere – wenn ich für meine Familie verantwortlich bin – dann nicht in demselben Maße für eine andere. Ebenso in Bezug auf das Volk, dessen Sprache ich spreche.

Wenn ich selbst nicht Person bin, bin ich dem anderen kein personales Gegenüber. Das gilt auch für Gruppen und selbst für Epochen.

Geschichte ist keine nur interessante Beschäftigung mit Vergangenem, sondern Geschichte ist Erbe, Erbe, das es zu verantworten gilt. Jesus baut Sein Reden auf der Geschichte Israels auf (hier z. B. bezüglich er kupfernen Schlange am Kreuz).

Bei Nikodemus geht es auch um anderes (besonders um Himmel und Erde) – aber auch um dieses, welches ich bisher kaum betrachtet habe.

Der Name Nikodemus ist mir nicht klar. Es steckt‭ ‭νῖκος‭ nîkos = ‭Sieg‭ und‭ ‭δῆμος‭ dêmos = ‭Volk darin.

Mir scheint, in sehr Vielem steckt das Ausgespannt-sein drin, von dem ich oft spreche. Das sowohl als auch. Person sein und Bestandteil einer Gruppe sein, ist es hier.

Erlösung „wovon“ ist oft bedacht – hier aber: Erlösung wofür. Ich bin persönlich erlöst von meinem alten, egoistischen Leben. Damit ich Verantwortung ausfüllen kann, die mir gegeben ist.

Bei allem gilt immer, dass ich Vermittler von Herzen bin. Gottes Herz möchte sich über mein Herz mit dem Herzen der anderen verbinden.

Ich selbst bin es nicht, der etwas tut – aber ich bin der Botschafter, der es selbst überbringt – ganz zum Reich Gottes gehörend.

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