Das Gegenteil von Demut

Di 02.05.2023

Joh 10:22-30 Konfrontation im Tempel

Johannes gruppiert die Reden über Hirte und Schafe und das Hören Seiner Stimme aus verschieden Gelegenheiten, so scheint es.

Hier nun zur Tempelweihe im Winter, wie extra betont wird.

Die Juden sagen, sie wollen hören, ob Jesus der Christus sei. Jesus bezeugt die Wirklichkeit auf eine Weise, die Ihn in Lebensgefahr bringt.

Der Tempel war nach langer Zerstörung sehr prächtig wieder aufgebaut. Und Jesus verneint die Bedeutung nicht. Er wandelt in der Halle Salomon, des Königs, der den ersten Tempel gebaut hatte.

Alles ist getränkt von Tradition und Religion, von Bestätigung und Gewissheit.

Wir wissen, wer wir sind, denn unser ist der Tempel und unser sind die Väter und herrlichen Gründer.

Mir scheint, das Gegenteil von Demut ist erkennbar an Kränkbarkeit. Ist das, was meinen Zorn auslösen kann. Der Umgang mit einem Erleben, dass ich als Erniedrigung deute.

Auch in meinem Fall. Sei es irgendeine Form von Lebensweisheit oder theologische Erkenntnisse. Was geschieht, wenn solches verachtet wird?

Das Merkmal des Lammes ist sein Hören und Folgen.

‭ἀκολουθέω‭ a-kolouthéo ‭folgen, denselben Weg gehen. Das ist nicht der gleiche Weg – sondern der selbe Weg. Also bei Ihm.

Mir scheint, es ist eine Grundentscheidung. Will ich religiöse Erkenntnis – oder will ich Dich?

Bei Dir bin ich, wenn ich bei Dir bin – nicht wenn ich Dich erkenne. Die Juden sagen: „Bist Du der Christus, so sag es frei heraus“. Zwar kann man bei ihnen auch einen Hintergedanken vermuten – aber ich nehme es einmal als echte Frage: „Bist Du es?“

Wenn ich die Gemeinschaft mit jemandem pflege, der „der Falsche“ ist, dann ist das nur dann ein Problem, wenn ich von oder durch ihn etwas für mich will.

Wenn es aber nur um Gemeinschaft geht, gibt es die Frage, ob es der Richtige ist garnicht.

Die Liebe und Treue zu irgendjemandem ist niemals falsch.

Ich folge Jesus, um bei Ihm zu sein – nichts anderes.

Auch nicht, um „richtig“ zu sein.

Der Prüfstein ist der, ob es erschütterbar ist. Gibt es einen weiteren Zweck für die Beziehung, so kommt dieser in Gefahr, wenn es „der Falsche“ ist.

Gibt es aber keinen Zweck außer der Person selbst – dann gibt es keinen Irrtum.

Demut, so scheint mir, ist die Zwecklosigkeit in der Bezogenheit.

Welch hoher Wert bei uns der Nutzen hat, spüre ich aus dem komischen Gefühl, das entsteht, wenn ich die Zwecklosigkeit als eigentlichen Wert benenne.

Ein Freund sagte den Satz: „Mit Gott durch die Hölle gehen – und sie bleibt doch die Hölle“.

Ich ergänze: Das Feuer der Hölle verbrennt alles, was nicht Beziehung ist.

Und genau dieses „alles-was-nicht“, ist das, was meinen Zorn herausfordert. Das, was außer dem Anderen doch auch noch mein leise erhoffter Nutzen ist.

Heiligung ist nicht Aufhebung meiner Probleme, sondern Trennung von dem, was brennbar ist, was meinen Zorn „entzünden“ kann.

Nur der Teil von mir, der genau dort ist, wo Jesus ist, wird auferstehen und ewiges Leben habe. Jesus ist dort, wo mich nichts mehr verbrennen kann, weil ich in Ihm nichts Brennbares mehr habe.

Dort stehe ich nicht, aber jeder Schritt dorthin braucht das Verbrennen dessen, was „Zweck“ ist. Gerde auch Zweck, den ich von Ihm erhoffe.

Damit es nicht zu abgehoben wirkt, erinnere ich:

Es geht nicht um eine Verneinung der Welt – sondern um ihre Wandlung. Diese aber geschieht, wenn auch die Welt nicht mehr Zweck für mich ist.

Dies ist ein Puzzleteil – kein fertiges Bild.

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