Gott ähnlich sein

Fr 12.05.2023

Joh 15:12-17 „Liebt einander, gleichwie ich euch liebe.“

Viele Menschen denken, Liebe wäre etwas, das angeflogen kommt und dann da ist – und vielleicht irgendwann wieder wegflattert.

Dass Liebe irgendwie abhängig ist, von dem, den man als zu lieben vorfindet. Eine besondere Person mit besonderen Eigenschaften z. B.

Was ist denn an dem Fischer aus dem heidnischen Galiläa für einen Gott so liebenswert, dass Er dafür den Spott der Welt erträgt?

Petrus hielt sich selbst für gut („ich werde Dich niemals verraten“) und fand sich nicht unter dem Kreuz.

Die Würde der Liebe existiert allein durch die freie innere Entscheidung dazu. Nicht durch irgendeine Vorfindlichkeit.

Alle Gebote vom Sinai verfliegen im Vergleich zu dem einen Gebot. Und das lautet nicht: „Laufe der Liebe nach“, sondern: Liebe.

Liebe ist eine freie Tat.

Diese Tat, vollzogen in Freiheit und das Leben hingebend, die macht uns zu „Söhnen Gottes“.

(Allg. Hinweis: Ich schreibe immer aus meiner Perspektive. Meine Andacht ist an mich selbst gerichtet. Weibliche Leser bitte transformieren).

Ich bin immer in Versuchung, mich so klein zu machen, dass ich nur sehr wenig Verantwortung habe. „Ich bin ja nicht heilig“, „das ist ein theoretisches Ziel“, „das kann nur die Gnade machen“ – so und so ähnlich meine Ausreden.

Jesus redet nicht wie Paulus immer nur von der Gnade. Sondern auch viel von der Würde. Der Würde der Verantwortung.

Es ist kein Vorschlag Jesu, wenn Er sagt: „liebt einander, so wie euch liebe“. Er sagt nicht „versuche zu lieben, falls es klappt“.

Wenn ich Jesus ernst nehme, sagt Er: Du kannst es. Würde ich es dir sonst gebieten?

Und zugleich: Es ist „Arbeit“. Wenn es etwas wäre, was mir zufällt, wie die Gnade, dann bräuchte es keines Gebotes.

Niemand muss mir sagen, dass ich essen und trinken soll. Es ist die Gnade meines Körpers, dass er sich darum kümmert, dass ich rechtzeitig Hunger habe.

Aber dass ich Liebe, ist nicht „Natur“ (Welt).

Zwar ist es mein Wesen (ich bin zu Gottes Bild gemacht), ich aber muss es entfalten.

Gott liebt mich nicht, wie ich z. B. ein Tier lieben würde.

Ich habe mich oft gefragt, was Gott eigentlich an mir finden könnte – und nichts gefunden.

Aber es gibt etwas: Meine Fähigkeit „Ja“ zu sagen, gegen alle „Natur“ der Selbstsucht in mir. Ich kann lieben! Es nicht zu tun, ist meine Verantwortung. Es gibt keine gültige Ausrede. Alle Ausrede ist zugleich die Behauptung, Gott würde nicht die Wahrheit sagen.

Wie gestern gesagt, kann ich immer von zwei Seiten vom Pferd fallen. Sage ich, ich kann nicht, mache ich Gott zum Lügner und sage: „Ich habe vom Baum der Erkenntnis gegessen und weiß nun besser, was gut für mich ist als Du, Gott“.

Ich mache damit mich größer als Gott.

Oder ich sage „ich kann nicht, ich brauche Gnade“. Dann mache ich mich kleiner als Gott mich gemacht hat.

Ich kann vieles nicht – da stimmt Gott ganz zu.

Aber Er sagt: „Du kannst lieben, und ich sage dir, Andreas, wenn du mich lieb hast, dann liebe deine Brüder“. Konkret ist das zuerst meine Frau.

Ich bezeuge, dass es so ist. Und dass es geht. Die Liebe steht vor der Tür und klopft an. Sie ist verkleidet als Überforderung und Mühsal. Wenn ich ihre Stimme höre, ist es allein meine Verantwortung, die Tür zu öffnen. Auch, wenn sich das Klopfen nach Verlust von Lebensfreude anfühlt.

Auf meinem Notizzettel habe ich notiert, was es praktisch bedeutet zu lieben. Dafür ist nun hier keine Zeit mehr – ich empfinde es als Auftrag, mir meine Verantwortung noch einmal klarzumachen.

Vermutlich wird noch Raum sein für die praktischen Notizen.

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