Annahme zur Freiheit

Mi 17.05.2023

Joh 16:12-15 „Von meinem wird Er’s nehmen und euch verkündigen.“

Und zuvor: „Alles, was der Vater hat, das ist mein“.

Bei „haben“ kommt mir schnell der Gedanke von etwas, mit dem ich etwas Schönes machen kann. Eine Möglichkeit, eine Wirksamkeit, ein klein wenig mehr Macht.

Was „hat“ denn Jesus vom Vater? Was gibt Er dem Geist?

Es ist keine Sache, sondern Wahrheit. (Deshalb ist Verkündigen gleich Geben.)

Und nun: Was ist Wahrheit? So fragt Pilatus.

Ich aber weiß es:

Wiederum nicht eine Sache, sondern eine Person.

Die Wahrheit ist die Liebe Jesu, die Liebe des Vaters. Denn Gott ist Liebe und das ist „die“ Wahrheit selbst.

Liebe ist, was sich verschenkt, ohne zum Gegengeschenk zu nötigen. Ohne Geschäftsabsicht.

Es gibt eine Grundangst beim Schenken: Ich könnte dadurch verlieren. Weniger werden, weniger haben und das bedeutet mich zu verlieren. Nicht nur bei Geld oder Sachen. Sondern vor allem bei Anerkennung.

Und darum: Wenn ich auf dem Markt der Anerkennung den anderen ehre geschieht das vielleicht (und oft genug) mit indirektem Hintergedanken: Nun bin ich der Gute.

Wenn ich aber z. B. im Konflikt denke, ich wäre zu 10 % Ursache des Problems, der andere zu 90 %. Dann bedeutet Schenken: Nur meine Ursache zählt. Ich nehme sie für 100 %. Ich weiß nicht mehr, ob ich dir 90 % schenke, denn ich denke nicht mehr über solches nach.

Sondern ich entlasse dich aus dem Schlachtfeld der Rechtfertigung, der Selbstbehauptung.

Ich mache auch kein Geschäft daraus, dass du mir nun moralisch etwas schuldest – auch wenn das oft ein Reflex ist.

Vor kurzem ging es darum, was Gott eigentlich an mir lieben könnte. Er hat doch alles, was kann ich noch hinzufügen?

Mir schient, in all meinen Schwächen und meinem Chaos gibt es etwas, was Gott sehr kostbar ist: Mein freier Wille.

Er kämpft und meinen freien Willen. Der Wille, der wirklich wahr ist (nicht mein Wünschen). Theresa von Avila bezeugt, dass keine Macht des Universums wirklich unseren Willen antasten darf.

Dies überträgt eine Ver-antwort-lichkeit auf mich.

Antwort!

Die Antwort, um die es geht, ist die Annahme der Liebe Gottes.

Habe ich solchen Respekt auch vor der Verantwortung des Anderen?

Die Sehnsucht des Menschen ist, aus seiner tiefen Einsamkeit herauszutreten. Die Burg der Selbstsorge zu verlassen.

Aber: Wird der andere mich fressen, wenn ich das tue? Kann ich wirklich ohne Rüstung gehen?

Es ist meine Verantwortung den Anderen so anzunehmen, dass er es wagen kann. Ihn nicht zum Zwecke meiner Selbstsorge zu machen. Indem ich ihn aus dem Kampf entlasse, wird es ihm leichter, Verantwortung für eine Begegnung zu wagen.

Annahme ist die andere Seite der Liebe.

Annahme des Anderen, wie er ist. Und zwar so nahe, dass er mich „beeindruckt“, also verändert, ja oft auch verletzt.

Der andere kann – und wird – an mir schuldig werden. Will ich ihn dennoch ganz empfangen? Ohne Bedingung?

Das, worum es dem Anderen zutiefst geht, ist: Lass mich nicht sterben. So sagt es Levinas – und ich erkenne es ebenso.

In kleineren Schritten:

Die Frage des Anderen: Kommst du zu mir in meiner Einsamkeit? Die Einsamkeit, die durch meine Verteidigungsmauer entstanden ist?

Verlässt du mich, wenn ich dir so begegne, wie ich wirklich bin?

Ich habe jemanden, der lieber stirbt, als mich zu verlassen – egal, wie ich bin. Und ich will sein wie Er. Ich will den anderen nicht verlassen, wenn es an meine eigene Haut geht.

In welcher Welt will ich leben?

In der Welt, die das Erbe (die Saat) verschlingt, im Blick auf jetzt – oder der, die eine säende Welt ist, eine vertrauende Welt?

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