Fr 02.06.2023
Mk 11:11-25 Jesu letzte Tage in Jerusalem
Der Text ist weit weg.
Weit weg vom gelebten Alltag.
Jesus reinigt den Tempel. Jesus verflucht den Feigenbaum. Jesus spricht vom Versetzen von Bergen durch das Gebet und vom Vergeben.
Es ist wie eine andere Welt. Eine Welt der Vollmacht. Eine Welt, die von Gott besucht wird und dessen Fremdheit zu diesem Reich Gottes scharf ins Auge springt.
Die reale Kirche, mein reales Leben, scheint mir weit davon entfernt. Wie ein Erinnerungsfoto von der Wirklichkeit.
Die Wirksamkeit der Taten und Worte Jesu war so, dass es nur zwei Möglichkeiten gab: Jüngerschaft und Hingabe oder: Ihn zu töten.
Es ist nicht so, dass ich mit Jesus ein besseres Leben habe. Das ich mein Leben mit Ihm und Seiner Weisheit anreichere.
Sondern wenn Er kommt und bei mir Frucht sucht und sie nicht findet, dann ist mein Leben umsonst gelebt (verdorrt, wie der Feigenbaum).
Fruchtbar bin ich, wenn Menschen an mir das Reich Gottes erkennen.
Gestern hat mich eine Freundin auf Chiara Corbella hingewiesen.
Gott hat diese junge Frau gefragt, ob sie ihr Leben für die Wirklichkeit Gottes loslassen will. Es war ein Weg und ihr Zeugnis offenbart mir das „normale Christenleben“.
Nur ein gegebenes Leben ist ein wirkliches Leben.
Darf Gott mich nach meinem Leben fragen? Mich ansprechen auf Hingabe und Frucht?
Herrlichkeit für Ihn?
Nur ein Mensch kann mit seinem Ja Gott so ehren, wie sie es getan hat. Ihre Bedeutung für das Universum ist unvergleichlich größer als ein gelebtes Leben selbst.
Ist mein Leben wie ein Kinobesuch? Ich erlebe etwas mit einem Anfang, einem Hautteil und am Ende ist es zu Ende und das wars.
Hauptsache der Film war schön, das Leben war schön – dann ist es gut.
Aber mein Leben ist ein Saatkorn. Entweder ich esse es während meines Lebens auf, oder ich gebe es hin für die Frucht der Herrlichkeit Gottes.
Ich habe mich gefragt, warum meine Andachten so weit weg von der Wirkung der Reden Jesu ist. Warum ich keine Berge versetze, und mein Wort zumeist verweht.
Und es ist klar, dass ich solches nicht machen kann.
Aber ich kann bereit werden, dass Gott solches durch mich machen kann. Sei es in der sichtbaren oder in der unsichtbaren Welt.
Und es ist kein AddOn, also keine mögliche Zugabe zu einem sonst auch ganz netten Leben.
Das Leben ist unverfügbar und wenn ich doch darüber verfüge, ist es eigentlich kein Leben mehr.
In den Ohren der heutigen Zeit klingt es wohl fremd. Aber der biblische Begriff „Jungfrau“ (so wie er von Maria gebraucht wird) ist dieser Hinweis auf die Unverfügbarkeit für sich selbst.
Mein Leben ist im Bräutigam – oder es ist kein Leben.
Irgendwann klingelt der Wecker und der Traum des Lebens ist zu Ende.
Aber es ist mir ein luzider Traum – ich weiß, dass ich träume.
Mein eigentliches Leben ist das wach sein.
Denn ich bin für die Ewigkeit gemacht – nicht für die Vergänglichkeit eines Traumes.
Die Braut kann sich nur bereiten und sich von Provisorien fernhalten. Denn der Bräutigam schaut, ob Er ihr genug ist – auch wenn Er noch nicht da ist.
Ja, Herr Jesus.