Die Innere Burg- wo wohne ich, was kann ich loslassen?

Sa 03.06.2023

Mk 11:27-33 Die Frage an die Schriftgelehrten nach Johannes dem Täufer.

Es sind die Hohenpriester, die Schriftgelehrten und die Ältesten. Sie wissen – oder meinen zu wissen. Sie sind die Wächter des Volkes und die Wächter ihres Weltbildes.

Und es war ein gutes, funktionierendes Weltbild. Es war das, was das Volk zusammenhielt und ihrem Leben einen Sinn gab.

Ein Gedanke oder eine Frage, die solch ein Weltbild in Frage stellen könnte, darf ich nicht kennen. Denn dann kann ich meinem Weltbild nicht uneingeschränkt dienen.

Und so ist es bis heute, weil es so sein muss. Andernfalls gäbe es Chaos und Unruhen, vielleicht Bürgerkrieg und Tod.

Diejenigen, die sich auf Christus einliessen, wurden in den ersten 300 Jahren oft verfolgt und sogar getötet.

Und in den Gebieten der Welt, in denen heute das Christentum wächst, ist es genauso. Das alte Reich, die Welt als Welt, kann nicht kampflos zusehen, wie sie durch himmlische Herrschaft abgelöst, ja aufgehoben wird.

Christentum, das die Welt nicht erschüttert, ist vielleicht selbst von der Welt.

Und das auch im Persönlichen.

Dient mein Christsein mir?

Gefällt mir die Kirche?

Wie komme ich in den Himmel?

Das sind Fragen eines weltlichen Christentums. Und sie sind zumeist Bestandteil eines festen Gebäudes, einer Welt, die sich gegenseitig erklärt.

Dieses System ist gut und stabil gebaut. Wird es durch ein neues eingerissen, entsteht – mit Leid und Schmerz – ein neues Weltbild. Prinzipiell nicht anders als das alte – wieder vom Wesen her ein „Welt“-bild.

Weit nach dem Zenit eines Weltbildes ist die Illusion, dass dies das endgültig Richtige ist, am höchsten. Man glaubt an einen Fortschritt und dass man an der Spitze des Fortschrittes stehen würde.

Ich kann nicht wissen, dass Christus der Sohn Gottes ist, dass es recht ist, meine alte Welt zu verlassen, um ganz zur Ehre Gottes zu leben, wenn Gott es mir nicht offenbart.

Aber Er offenbart es so, dass ich an der „offenen Tür“ vorbeigehen kann.

Es ist dann nicht Dummheit oder Ohnmacht, es ist nicht zu wenig Studium oder eine fehlende Begabung – es ist Schuld. Willentliche Schuld.

Auch Bildung oder Kultur macht Menschen nicht zu Christen. Wenngleich sie die Ordnung der Welt verbessern und viel Gutes bewirken kann.

Das Leben will leben – warum sollte es gut sein wollen, wenn das nicht dem Leben dient?

Wächter meiner Welt

Der Hohenpriester in mir dient meiner religiösen und moralischen Rechtfertigung. Er beruhigt mein Gewissen.

Der Schriftgelehrte erklärt den Wissenden zum Gott und leitet mein Gewissen durch gelernte Wahrheiten.

Der Älteste ist meine Lebenserfahrung, die mir dies und das sagt, und schwingt sich ebenfalls zu einer Art internem Gott auf.

Diese drei bewachen meine Burg – was will der Wanderprediger da?

Aber es gibt die Nacht. Die Nacht des Nikodemus – und in dieser „Nacht des Selbst“ klopft Jesus an die Tür. Nikodemus lässt sich abgrundtief demütigen. Er, der Lehrer Israels. Jesus nimmt ihn mit in die Welt außerhalb der Welt – Nikodemus versteht nicht, denn mit den Mitteln der Welt ist es nicht zu verstehen.

Nikodemus lässt den Himmel zu, das tat er schon, indem er kam. Er kam nicht als Verteidiger seiner Burg, sondern als schon berührter, als jemand, bei dem angeklopft wurde.

Der gefährlichste Ort ist der an der Tür. Dort, wo ich immer wieder auf das Klopfen lausche – und die Tür doch nicht öffne.

Die Burg der Welt in meinem Herzen kann weder von außen, noch von innen erobert werden – sonder nur von beidem zugleich.

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