Aussatz

Fr 30.06.2023

Mt 8:1-4 Heilung eines Aussätzigen

Welcher Art ist mein Glaube?

Der Aussätzige sagt: „Wenn Du willst, kannst Du mich reinigen“.

Woher wußte er das? Warum war er sich so sicher?

Kennt er nicht den Dämon der Sorge, Jesus könnte nur ein Konstrukt meiner Sehnsucht sein?

Es ist dieses Schwimmen am Beckenrand. Ich glaube, ich kann schwimmen – aber nur solange ich mich jederzeit am Rand festhalten könnte.

Ich glaube, solange der Glaube mich nicht in zu große Gefahr bringt. Solange es keine Katastrophe wäre, wenn sich alles als schöne Illusion herausstellen würde.

Erkennen

Die heutige Geschichte ist die Frucht der Bergpredigt. Viele Stunden hat Jesus gesprochen. Menschen entsetzten sich ob Seiner Rede (‭ἐκπλήσσω‭ ek-plésso ‭außer sich geraten). Es war nicht, weil es eine „gute Predigt“, voller Wahrheit und Weisheit war. Es war vielmehr die Begegnung mit jemandem ganz von woanders her.

Einst hatte Gott sich auf dem Berg Horeb gezeigt, mit Blitzen und Donner und Israel hatte Todesangst.

Hier ist derselbe Gott. Und die Todesangst wird durchdrungen von einer Ahnung, dass dies Leben (mein Leben bisher) der Tod ist – dort aber das Leben selbst.

Wer dies an sich heranlässt und nicht wiederum zurückweicht, der erkennt die offene Tür Gottes.

„Wenn Du nur willst – Du, Du kannst mich heilen von meiner Todverfallenheit“.

Aussatz versus Einsatz

Aussatz ist wirklich das herausgesetzt sein aus der Gemeinschaft der Lebenden. Was wäre denn das Gegenteil?

In meiner Zeit in der Krisenintervention war ich im „Einsatz“. Also genau diesem Gegenteil von Aussatz. In dem Augenblick der Einsatzalarmierung war es wie ein Bruch zu allem davor. Es hatte einen plötzlichen Todesfall gegeben und ich war gerufen zu dem Augenzeugen des Todes oder zu dem Angehörigen in seiner Not. Es war wie ein Schnitt von einem verschwommenen Leben zu einem vollen Leben, zu einem Leben voller Sinn und Nähe. Einem Leben, dass eigentlich erst recht Leben genannt werden kann.

Nur ein Konstrukt?

Alles, was Jesus gesagt hatte, war Leben. Aber doch war noch mehr nötig:

Der Aussätzige weiß von der Freiheit Jesu. Wenn Du willst – sagt er.

Dass Jesus will, erlebe ich, indem Er Seine Hand ausstreckt und mich berührt. Und sagt: Ich will’s; sei rein.

Es ist dies etwas, dass ich mir nicht einreden kann. Ein freier Akt des Anderen – Gottes selbst.

Er führt mich in den Gehorsam. „Opfere die Gabe, die Mose befohlen hat“ zum Beispiel. Das Erleben der Wirklichkeit Jesu führt mich in die Verantwortung, diese Wirklichkeit zu leben. Sonst bin ich wie ein Mann, der in den Spiegel schaut und weggeht und hinfort vergisst, wer er ist (vergl Jakobus 1:23).

Wenn ich nach einer Alarmierung an den Einsatzort fuhr, war es auch nach 100 Einsätzen noch gleich: Ich wußte überhaupt nicht, was ich dort tun soll. Ich „konnte“ nichts. Alles, was ich hatte, war ein Wissen, dass sich das einstellen wird, was nötig ist, wenn ich mich darauf einlasse, ohne zu wissen, was nötig ist.

Ist Gottes Geist nicht bei uns, bei dir und mir, bin ich unnützer Tor am falschen Ort.

Gott aber war immer da.

Meine Beziehung zu Jesus ist so lange ein Konstrukt, bis ich eine Einladung höre und mich darauf einlasse. Für einen Sprung aus meiner Welt in die Seine. Ein Sprung durch die Gefahr der Illusion hindurch – weil eigentlich mein Leben davor die rechte Illusion war.

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