Gott verlassen?

Di 04.07.2023

Mt 8:23-27 Jesus schläft im Sturm

Dieses Thema habe ich unter anderem am 28.01.2023 bedacht – was gibt es noch zu sagen? (Ebenso am 29.01.2022).

Schon im 1. Mo 3:8 erscheint Gott, nachdem Er offenbar nicht da war. Warum lässt Er Sein Geschöpf allein im Garten?

Jesus sagt: „Es ist gut für euch, wenn ich gehe“ und „ihr werdet mich hinfort nicht mehr sehen“.

In Gleichnissen spricht Jesus von einem König, der in ein fremdes Reich geht und deshalb seinen Weinberg verpachtet. Oder von dem, der seinen Dienern 1, 3 und 5 Pfund Silber gibt, damit sie damit arbeiten, selbst aber weggeht (um später wiederzukommen).

Therese von Lisieux spricht davon, dass sie Jesus in ihrem Nachen betrachten möchte und Ihn gern schlafen lassen möchte.

Wer Jesus kennengelernt hat, der möchte nicht einen Moment ohne Ihn sein. Ich auch nicht. Warum solch dunkle Worte?

Im Hohenlied heißt es im dritten Kapitel:

“‭1‭ ‭Des Nachts‭ auf meinem Lager‭ suchte‭‭ ich, den meine Seele‭ liebt‭‭. Ich suchte‭‭; aber ich fand‭‭ ihn nicht.‭” (siehe Anhang)

Verlassen?

Im Anfang des liebenden Christenlebens geht es darum, ganz nahe bei Jesus zu sein, Ihn nie zu verlassen, immer „auf Ihn zu schauen“.

Bin ich vertraut mit Ihm – verläßt Er mich.

Wie merkwürdig.

Ab einem bestimmten Alter eines Kindes traut es sich, den unmittelbaren Blick der Mutter für einen Moment zu verlassen.

Eine liebende Mutti wird nun ihr Kind nicht klammern – sondern freut sich mit zitterndem Herzen über die Entwicklung der abhängigen Bindung zu einer freien Bindung.

Gott verläßt mich nicht – Er verbirgt sich nur eine Weile.

Gesandter Gottes

Er erzieht mich, nicht ausschließlich an Seinem Rockzipfel zu hängen. Sondern mein Wesen als Sohn ernst zu nehmen und als Bürger Seines Reiches im Reich der Welt Sein Gesandter zu sein.

Ich meine, Gottes Hauptbotschaft ist, dass wir zum Person-sein erlöst sind.

Gott legt in uns das Wesen der Liebe. Die Liebe überbrückt Abgründe. Sie füllt die Einsamkeit mit einem geistigen Bezug zur Heimat. Darin ist die Welt nicht mehr dieselbe – auch wenn „nur“ Menschen da sind.

Dieser Bezug zur Heimat, diese Liebe zwischen Himmel und Erde und zwischen Erdlingen und Himmel ist parallel zum Geist Gottes.

Dieser ist gerade diese Liebe. In Ihm leben, weben und sind wir.

“‭28‭ ‭Denn‭ in‭ ihm‭ leben‭‭, weben‭‭ und‭ sind‭‭ wir; wie‭ auch‭ etliche‭ Poeten‭ bei euch‭‭ gesagt‭‭ haben:‭ „Wir sind‭‭‭ seines‭ Geschlechts‭.‭”“

(Apg 17:28 Paulus auf dem Aeropag)

Die Liebe ist eine Spannung, ein (noch) nicht erfüllt sein. Es ist nicht so sehr die Vereinigung, sondern der Zug zur Vereinigung. Das zugleich des Wissens um die Zugehörigkeit in einem Zustand zweier Orte.

Ich will die Lösung der Spannung – aber doch lebe ich gerade aus dieser Spannung heraus.

Nicht „machbar“

Ich denke, es geht nicht darum, sich mit dem Mangel an Gottes Gegenwart abzufinden. Das tut die Liebe nicht. Aber sie lebt ein waches Leben aus dieser Spannung, Erwartung und Hoffnung. Nicht in einer satten Erfüllung, sondern in lebendigem Eifer.

Allein Gott verbirgt sich – ich aber suche Ihn.

“‭1‭ ‭Des Nachts‭ auf meinem Lager‭ suchte‭‭ ich, den meine Seele‭ liebt‭‭. Ich suchte‭‭; aber ich fand‭‭ ihn nicht.‭ ‭2‭ ‭Ich will aufstehen‭‭ und in der Stadt‭ umgehen‭‭ auf den Gassen‭ und Straßen‭ und suchen‭‭, den meine Seele‭ liebt‭‭. Ich suchte‭‭; aber ich fand‭‭ ihn nicht.‭ ‭3‭ ‭Es fanden‭‭ mich die Wächter‭‭, die in der Stadt‭ umgehen‭‭: „Habt ihr nicht gesehen‭‭, den meine Seele‭ liebt‭‭?‭”

(Hohelied 3:1-3, Lut)

Hinterlasse einen Kommentar