Form & Formlosigkeit

Sa 08.07.2023 💐 Julia

Mt 9:14-17 Die Frage des Fastens zwischen dem alten und dem neuen Bund.

(Betrachtung)

Jesus spricht davon, dass neuer Wein in neue Schläuche gehört.

Der Wein ist der Geist und die Schläuche sind die Form.

Kirche als Form

Generell berührt das die Frage der Form und der rapide Verlust von Form. Form ist dabei nicht nur etwas Gegenständliches. Es ist auch eine Ordnung. Es ist eine Verbindlichkeit.

Viele meinen (so ich selbst auch lange Zeit), man könne Christ sein, ohne verbindlich zur Kirche zu gehören.

Vergangenes Jahr sind über 500.000 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten.

Zusammen mit den Austritten aus der evangelischen Kirche waren es über 900.000 Menschen. Zum Vergleich: 2012 waren es insgesamt 256.000.

Ich vermute, dass die meisten dieser Menschen auf die Frage, ob sie nun keine Christen mehr sind, mit „doch, ich habe meinen Glauben weiterhin“ oder so ähnlich antworten würden. (Genauer: Nur 11,8% gaben 2022 an, auszutreten, weil sie nicht mehr an Gott glauben. Quelle)

Zeitalter der Formlosigkeit

Der Anstieg des Virtuellen geht einher mit einem Verlust an Form. Dinge finden immer mehr in einer immateriellen Form statt.

Information wird zum Gegenteil des Wortes: Dinge werden nicht in Form gebracht. (Wortherkunft: informare „formen, eine Gestalt geben).

Sondern die meiste Information ist Meinung und am Ende in der Menge, der Ungenauigkeit, der Färbung oder gar Lüge eine Desinformation.

Die Botschaft löst sich von Zeugen zu einer virtuellen Wolke.

Dies ist nur ein Beispiel – es gibt so viele.

Hat das eine geistige Bedeutung

Mir scheint, es ist heute eine andere Situation als zu Jesu Zeit. Dort ging es um eine alte Form, die für die Fülle des Neuen, das durch Jesus in die Welt gekommen ist, nicht (mehr) geeignet war. Die alte Form galt es loszulassen, um in die Form der Kirche zu wechseln (werden wohl viele anders sehen).

Heute verlieren wir die neue Form zugunsten keiner Form. Es sind keine alten Schläuche, die platzen, wenn der neue Geist kommt. Sondern es ist ein Ausschütten auf die Erde, ein Verschütten – ganz ohne Form.

Gott tut etwas und wir empfangen es, nur um es dann zu verschütten. Wir lassen den Geist achtlos zur Formlosigkeit zerfließen.

Unsere Form ist täglich kleiner und kann nichts mehr bewahren für Zeiten der Dürre.

Formlosigkeit führt zu einer Fruchtlosigkeit und zu einem Verlust der Erkennbarkeit. Und zu einer Art geistigem Nebel.

Am Ende der Zeit wird es einen Nebel aus den Tiefen geben, da der Schlund am Abgrund erneut geöffnet wird, wie zurzeit vor der Sintflut, die allein durch die feste Form einer Arche überlebt wurde.

Ein Christ überlebt die Sintflut nicht ohne eine Arche.

Ich erkenne keine Arche.

Zeit zum Fasten

Das Fasten der Generation des Johannes (des Täufers) war eine Reinigung.

Anders das Fasten der Christen.

Es ist ein bräutliches Fasten. Ein Erkennen der Leere in mir, weil der Bräutigam sein Kommen verzögert. Weil es schon bald Mitternacht ist und die Müdigkeit mich überwältigen will.

Ist dort eine Form in mir, ein Gefäß, das den Bräutigam empfangen kann, wenn Er kommt? Ertrage ich die Leere des Wartens als Entleerung zu Ihm hin?

Oder fülle ich jeden Raum mit Vorläufigem, mit „Freude jetzt“?

Es gibt eine Traurigkeit des Verzweifeln – und eine Traurigkeit der Erwartung. Ein Spüren der Leere, weil dort etwas (genauer: Jemand) hingehört.

Komm, Herr Jesus, eile zu kommen.

2 Kommentare zu „Form & Formlosigkeit

  1. hm…der Text trifft mich, spüre ich doch auch diese Leere, dieses „nichts mehr kommt“. Ich rede von dem christlichen Umfeld, in welchem ich aufgewachsen bin.
    Dabei habe ich manchmal das Gefühl, platzen zu müssen, denn es ist nicht wirklich leer in mir, es ist sogar voll, ich weiss nur nicht, wohin damit.
    Ich verstehe die Menschen, welche die Kirche verlassen, mitunter auch, weil die Kirche/Form sie nicht mehr fassen kann? Ist sie vielleicht übervoll von Leere? Ist sie in ihrer Form unbeweglich geworden?

    Laut Bibel soll es keine Sintflut mehr geben. Das ist auch gut so, denn nicht nur die Christen, sondern alle Menschen brauchen eine Arche, einen Zufluchtsort und das kann nun mal einfach kein statischer Kasten sein 🙂

    Von Gott dürfen wir unendlich Gutes und Neues erwarten, daran glaube ich von ganzem Herzen.
    Liebe Grüsse Brig

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    1. Liebe Brig,

      danke für Deine Anmerkungen. „Übervoll von Leere“ – ein starkes Bild.

      Das die Kirchen so leer sind war in „guten“ Zeiten oft so. Aber in meiner Umgebung haben die Kirchen z. B. in Coronazeiten wenig Trost geboten. So scheint mir, dass Kirche die Nähe Jesu und die Nähe der Menschen suchen soll – nicht so sehr die Nähe des Staates. Was denken Sie (Du?)?

      Das solche Zeiten kommen ist vielleicht auch eine Klärung – ich weiss es nicht. Aber „Gottsucher“ sollten eine Raum finden, an dem sie Ihn erleben können.

      So scheint es mir.

      Herzlicher Gruss

      Andreas

      Prachterdiek 12 21244 Buchholz / Holm-Seppensen

      Tel. 04187 – 900 2999

      A.Braun@Wertbegegnung.de http://www.Wertbegegnung.de

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