So 16.07.2023
Mt 13:1-23 Gleichnis von Sämann.
Zunächst scheint es kein Imperativ in der Geschichte zu geben. Niemand wird zu etwas aufgefordert. So hat es schon Bonhoeffer konstatiert – und das hat mich lange zu einer sehr vorläufigen Betrachtung veranlasst. In etwa nach dem Motto: „Ist nun mal so“.
Das ist aber genauso taub, wie die Taubheit der Hörer, von denen Jesus berichtet.
Das Aktiv des „Ackers“
Schon Jesaja, den Jesus zitiert, hat es als Schrei zum Aufmerken gerufen. Kein Prophet will den Fluch. Mit Schmerz ruft er den taub werdenden zu, welche Folgen das haben wird.
Das, was ich noch höre, soll und muss mir zuerst dazu dienen, meine Hörbereitschaft wieder herzustellen.
Dazu ein wichtiger Text von Hildegard von Bingen: Wie bearbeitest du das Feld deines Herzens?
Das Wort Gottes hat Macht. So wie das Samenkorn in sich ein unfassbares Potenzial trägt. – Wir aber könne ihm ein harter Boden sein. Wir können Gottes Wort, also Jesus, trotzen. Indem wir nicht tun, was nur wir tun können: Unser Herz bereiten. Wir „sind“ nicht Fels, wir machen uns zum Fels.
Der Sämann
Was tun wir dem Sämann an!
Er hat Seinen Vater verlassen, damit Er ihnen (mir) helfe, mich rette.
Jesaja:
“Denn dieses Volkes Herz ist verstockt, und ihre Ohren hören übel, und ihre Augen schlummern, auf daß sie nicht dermaleinst mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren, daß ich ihnen hülfe.” (V 15)
Alles Leid nimmt Jesus auf sich – doch nicht, dass Er fatalistisch da stehe und die Vergeblichkeit seines Säens einfach nur feststelle. Es zerreißt Ihm das Herz.
Die Saat ist nicht für den Halm
Dieses ganze säen hat nicht den Sinn, dass es einen schönen Halm gebe und der Mensch gesegnet umherläuft. Mein gerettet werden, ist wahrlich nur dann ein gerettet sein, wenn ich Frucht bringe.
Der Sinn des Halmes ist die Ähre mit ihrer Frucht.
Auf dass die Kinder des Bauern (des Sämanns) Brot haben zu essen und zu leben.
Viele fragen, was der Glaube ihnen bringt. Sie wollen den segnenden Jesus gern haben, und sich von ihrer Mühe und Erfolglosigkeit erlösen lassen.
Ein Erlöster, der nichts weiter als erlöst ist, ist in Wahrheit kein Erlöster.
Es gibt keine Erlösung, die mit einem Punkt endet.
Man ist immer erlöst zu etwas. Nämlich erlöst, um Frucht für Frau und Kind zu sein, für Nachbar und Mitarbeiter, für Heimatort und Kirche, ja für die Welt aus der Wirksamkeit in der unsichtbaren Welt.
Konkret
In meiner Beratung sind auch christliche Ehepaare.
Manch ein Mann (den betrachte ich hier exemplarisch) meint nun, er müsse etwas von der Ehe haben. Es ginge um ihn, und seine Freundlichkeit der Frau gegenüber wäre eine Spardose, mit deren Inhalt ich am Ende etwas Schönes machen kann.
Und diese Ehen scheitern. Massenhaft.
Kinder bleiben in der Zerrissenheit – mit dauerhaftem Schaden.
Vorgestern traf ich an unserem kleinen Bahnhof ein Mädchen. Es weinte bitterlich.
Wie ich erfuhr, verließ sie ihr Vater noch vor der Geburt. Ihre Mutter gab sie mit fünf Jahren in eine Pflegefamilie. Dort gab es Probleme mit dem Sohn der Pflegemutter und sie floh. Seid dem war sie in drei Einrichtungen und floh erneut.
Was auch immer nun getan werden konnte – sie ist ein Mädchen(14 Jahre alt), das keine Bindung erfahren hat und deren Lebenshypothek entsetzlich groß ist.
Das ist ein Ergebnis dessen, wenn ich keine Frucht bringe, weil ich meine Ohren taub gemacht habe, für den, der mich fruchtbar machen kann und will.
In unser aller Umgebung sind hungernde Kinder, die unsere Hörbereitschaft brauchen, damit sie von der Frucht unseres Wachstums genährt werden können.
Es geht nicht um mich – es geht um sie.