Gott ist kein Lebenscoach

Do 17.08.2023

Mt 18:21-35; 19:1 Vom Vergeben

Über diesen Text habe ich schon oft nachgedacht und geschrieben.

Siehe: 22.03.2022 10.000 Talente

Eine Erinnerung: Wir werden für den Anderen, wie Gott für uns wurde.

Heute ein mir neues Detail:

Gott vergibt dem Knecht nur einmal. Als dieser den Mitknecht schlecht behandelt, hebt Er die Vergebung sofort auf. Keine zweite Chance, geschweige denn 77 Chancen, wie Jesus es Petrus sagt.

Was ist der Unterschied?

Ich sammle zunächst Gedanken und schaue dann, um was es wesentlich geht.

a) Gott vergab weit mehr als ich jemals könnte. Es kostete ihn viel. Es kostete Ihn mehr als dem Herrn im Gleichnis. Nämlich eigene Demut, Staub, Geduld mit tauben Hirten, ja Schläge ins Gesicht, ins Antlitz Gottes.

b) Gott ist souverän. Wir aber haben unser Leben GANZ verschuldet.

c) Wir haben Lebensschuld. Das Bild mit den 10.000 Talenten ist keine Zahl, sondern ein Bild des Lebens selbst. Die Schuld eines anderen ist eine Sachschuld, von anderer Qualität. Gott vergibt mir meine Schuld am Tod Jesu.

Dies möchte ich gern einmal extra betrachten. Denn es fällt oft schwer, zu glauben, das ich Schuld am Tod Jesu bin .

d) Das, was man mir schuldet, gehört eigentlich Gott. Ich habe es schon in der Andacht (22.03.22) beschrieben.

Das Geld, das ich dem anderen lieh, was er mir nun zurückgeben soll, war ja Bestandteil meiner 10.000 Talente, die ich Gott schulde. Hätte mir der Schuldner jetzt dieses Geld erstattet, hätte ich es Gott geben müssen – der hatte es aber schon erlassen. Ich war Verwalter des Geldes Gottes. Das bezahlen des Schuldners wäre also eine Unterschlagung gewesen. Ich nähme, was mir nicht gehört.

Niemand schuldet mir etwas, denn ich selbst habe nichts Eigenes. Nichts, was nicht Gott gehört.

Es ist eine Anmaßung, ein Eingreifen in Gottes Rechte.

Wo bleibt dann meine Würde?

Mein Sein hängt an meiner Würde. Alles andere wäre nur vorhanden sein. Darum kämpft der Gläubiger um die Schulden.

Ich brauche die Anerkennung oder zumindest die Gerechtigkeit des Anderen, um überhaupt leben zu können.

Es geht in diesem Gleichnis nicht um Proportionen oder Verhältnismäßigkeit. Es geht um ein grundlegendes Misstrauen.

Annehmen, was mir Gott gibt, bedeutet ein für alle Mal zu 100 % zu akzeptieren, dass meine Würde von Ihm kommt. Nur von Ihm.

Mir steht keinerlei Anerkennung von anderen mehr zu.

Alles andere bedeutet, diese Würde von Gott her zu bagatellisieren. Also Gott zu entwürdigen, indem ich Seinen Anerkennung als nicht hinreichend erkläre.

Ich würde wiederum meine Ehre aus meiner eigenen Kraft erwarten, aus Gerechtigkeit in der Welt, aus „gut und böse“.

Gott ist kein Lebenscoach

Gott hat Jesus nicht gesandt, damit es mir in der Welt gut geht. Vielleicht eher im Gegenteil. Mit Jesu Erscheinen habe ich alle vermeintlichen Rechte verloren und gehöre ganz Ihm. Ein Soldat ist nicht Eigentümer seiner Uniform – die gehört dem, in dessen Sold er steht.

Wie sollte auch Gott, der Schöpfer des Universums, solch ein Opfer bringen, wie Er es tat, nur damit es uns im Leben besser geht?

So klein ist das Spiel nicht.

Es gibt einen Moment der finsteren Nacht, in der ich mich von dem Licht der Welt abwende. Hin zur schmalen Pforte, dort im Schatten.

Und zunächst wartet hinter der engen Pforte, die mich all meine Rechte kostet, noch ein schmaler Weg.

Aber es ist der Weg zu dem, der mich liebt. Zu dem, dem meine Liebe so wichtig ist, dass er alle Blamage vor der unsichtbaren Welt in Kauf nahm.

Luzifer hat immer gespottet und gesagt: „Nimm ihm Besitz oder Ehre. Gib ihm Spott in der Welt, was gilts, er wird Dir ins Angesicht absagen“ (siehe Hiob).

Es ist keine Utopie. Die Jünger waren Menschen wie ich. Bis sie erkannt haben, was Liebe ist, was Jesu Liebe ist.

Eine göttliche Liebesbeziehung – so lautet das Angebot. Nicht weniger.

Ein Kommentar zu „Gott ist kein Lebenscoach

  1. Wunderschön! Ich wende mich durch die Nacht zur engen Pforte im Schatten! Nur der Glaube überbrückt diesen Schatten! … Mit dankbaren Grüßen!

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