Gegeben oder genommen

Di 22.08.2023

Mt 19:23-30 Kommt ein Reicher ins Reich Gottes?

Am 16.08.2022 habe ich darüber geschrieben – das bleibt weiter bedeutsam.

Reich sein

Manche sind weggerufen – viele eher hingerufen.

Besonders in Beziehungen (Ehe, Eltern, Familie, Gemeinde).

Rufbar sein

Wie kam es, dass Petrus Jesus nachgefolgt ist?

Weil Jesus ihn gerufen hat, ja.

Aber wer ist „rufbar“?

Der reiche Jüngling von gestern war es nicht – selbst mit seiner Sehsucht nach mehr.

Ich kenne Menschen und Christen, die mehr wollen als bisher. Die den Weg mit Dir gehen wollen. Ich gehöre dazu.

Zuerst rufst Du uns weg von Dingen. Konkret war das bei dem Mann gestern der Ruf zum Befolgen der Gesetze. Weg von der eigenwilligen Auslegung der Ethik, weg von offensichtlicher Selbstsucht.

In einem umfassenden Sinn nenne ich es:

Weg von der Selbstverwirklichung

Es ist ein Weg, der mich immer wieder in die Außenbezirke Deines Reiches führt. Ein Weg, weg auch von meinen Vorstellungen von Deinem Reich. Meinen Vereinfachungen und Bequemlichkeiten.

Dieser Weg aber, führt mich nur an den Rand Deines Reiches, lässt mich hinüberschauen in das „gelobte Land“.

Wie komme ich denn dorthin?

Weg von der Selbstvesicherung

Dies ist eher ein Sprung als ein Weg. Ein endgültiges Loslassen. Das Verlassen aller Sicherheit und „geworfen sein“ auf ihn. Ich verliere die Potenz zur Selbstverwirklichung.

Das heißt, ich werde bereit, gerufen zu werden.

Ist es eine Überforderung?

Gerade in den vergangenen Tagen habe ich mehrmals von Menschen gehört, denen ihr Leben genommen wird, oder die in Gefahr stehen zu sterben.

Und meine Tochter arbeitet im Hospiz – dort liegen nur Sterbende. Teils auch jüngere Menschen.

Sterben wird uns zugemutet – in jedem Fall.

Und klingt das Wort „Zumutung“ im sonstigen Alltag nicht wie eine Frechheit?

Ein Büro ohne Klimaanlage oder ein Zug der einfach ausfällt? Oder eine wiederholte Ungerechtigkeit? Eine andauernde Lieblosigkeit meines Partners?

Dritte Säule der Seelsorge

Meine erste Säule ist: Gott ist gut.

Meine zweite Säule ist: Gott ist nahe.

Und nun: Gott erwartet alles.

Es ist ein grundlegender Unterschied, etwas zu geben, oder alles zu geben. Wie ich gestern schrieb, geben wir manchmal auch gern „etwas“, um uns vor dem „alles“ zu schützen, ja freizukaufen.

Aber dass ich alles geben muss, ist am Tag meines Todes offenbar. Und nichts ist so sicher wie das.

Warum also warten, bis man alles von mir nimmt?

Warum nicht alles geben, solange es noch einen Wert hat?

Nicht ohne Ruf

Um alles zu geben, brauche ich einen Ruf.

Auch im Kleinen.

Ich weiß, dass ich oft gerufen bin – und merke, wie ich klammere.

Dem Ruf zu antworten, ihn anzunehmen, ist immer „nur“ das Ende der Rebellion.

So vieles, was mich „ärgert“ oder mir Angst macht, ist doch nur eine Frage an mich: Willst du deine verkrampfte Hand nicht öffnen?

Ich kann mein Leben nicht in abstrakter Weise geben – und lehne mich schnell zurück. „Geht ja nicht“ ist dann mein Ruhekissen.

Aber Du fragst mich nicht nach meinem Morgen, sondern nach meinem Heute.

Heute, wenn ich Deine Stimme höre – werde ich meine Hand öffnen?

Was werde ich dafür erhalten – so fragen die Jünger. Und Jesus erlaubt diese Frage. Leben zu wollen ist nicht nur legitim, sondern von Gott her für uns gewollt.

Aber eben ein Leben aus der Liebe, aus dem je loslassen und empfangen. Dem ungeforderten empfangen und dem sich rechtzeitig nehmen lassen.

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