36 kritische Verse

Mo 28.08.2023

Mt 23:13-22 Gegen Schriftgelehrte und Pharisäer

Jesus Christus ist als friedlicher, helfender, segnender Heiland im Bewusstsein. Es ist schon erschreckend, welch eine Orgie von harten Worten, Kritik, ja Verdammnis allein im Kapitel 23 bei Matthäus steht. 36 Verse, für die das Wort „kritisch“ noch harmlos ist.

Allein sieben Weh-Rufe habe ich gezählt.

Von Erbarmen ist hier kein bisschen die Rede, auch nicht von Vergebung für diese.

Ich erkenne zunächst zwei Dinge:

a) Verwalter der Dinge des Himmels für die Menschen werden ganz anders angesehen und beurteilt als Menschen, die einfach in der Welt leben.

Ich sage: Christen werden härter beurteilt werden als Nichtchristen. Und Pastoren härter als andere – ganz zu schweigen von Vorsitzenden christlicher Verbände, Professoren und Bischöfe.

Sie haben Macht zum guten – und so bedeutet ihr tun auch mehr.

Mit den Gedanken vom Samstag („Buchstabe und Geist“) wird deutlich: Ein Lehrer ist mehr Knecht als der, den er belehrt. So ist die Ordnung des Reiches Gottes. Wenn dieser nun seine Macht als Macht der Welt nutzt, wie tief wird sein Fall sein?

b) Der Begriff „Heuchler“ kommt mehr vor als alles andere. Also das Gegenteil von Wahrhaftig sein.

Sobald ich Gott näher komme, erkennen ich meine Mängel deutlicher als zuvor. Bin ich also Lehrer, weil ich meine etwas von Gott für die Menschen empfangen zu haben, werde ich mehr als andere erkannt haben, wie es wirklich um mich steht.

Und diese Fähigkeit zum Erkennen, oder auch das „spitzen der Ohren“, also „Ohren zu haben, die hören“ ist das, was die Hauptbotschaft ist. Dies ist das wichtigste Vorbild, die eigentliche Lehre.

Denn die Menschen sollen hören lernen, auf dass sie Kinder Gottes werden – nicht Kinder der Lehrer.

Rettet mich Glaube?

Wenn Glaube mich rettet und erlöst, soll mein Leben dies auch spiegeln. Erkenne ich aber im Glauben mehr als zuvor, wer ich eigentlich bin, bricht die Fassade meiner Eitelkeit ein.

Menschen fragen mich, ob ich denn erlöst bin – ich schaue so ernst.

Meine eigene Lieblosigkeit bereitet mir Schmerzen – wie soll ich da erlöst schauen? Als Erlöster schaue ich mehr Leid als zuvor.

In besonders frommer Umgebung wird mir aber schnell mein Glaube abgesprochen, wenn ich leidend bin. Darum ist die Versuchung da, „alles gut“ zu sagen.

Nirgends habe ich so viel Heuchelei erlebt wie in evangelikaler, freikirchlicher Umgebung – vermutlich gerade, weil die Menschen dort sehr gerne „erlöst“ drein schauen wollen.

Soll es mir denn nicht gut gehen?

Vielleicht. Es ist mir wenig wichtig und ich wünschte, es wäre mir noch viel weniger wichtig.

Ich vermute, einem Christen geht es eigentlich nicht besser als anderen Menschen – vielleicht schlechter. Aber es ist nicht mehr so im Fokus. Im Fokus ist mehr die Schande, die ich meinem Erlöser immer noch bereite in all meinem Mangel an Liebe. Denn ich erkenne jeden Tag mehr, wie sehr die Welt um mich herum diese Liebe braucht. In wie viel Verantwortung Du mich gestellt hast.

„Lecker“

Ein Begriff in unser Männerrunde. Wir suchen, was uns motiviert. Und ich suche mit. Eine positive Motivation ist besser als eine Pflicht.

Franz von Assisi war Reformer der Kirche und hat tausende motiviert. Er, der nichts hatte und ein äußerlich elendes Leben geführt hat. Ein Vorbild?

Offenbar gibt es einen Geschmack, der „lecker“ ist, der uns Menschen zunächst aber verborgen ist. Den wir erst finden, wenn wir ihn an jemandem schmecken, der diesen Geschmack hat.

Mir scheint, die Fähigkeit lieben zu können ist das „leckerste“ was es gibt. Und ich schmecke sie besonders in der Begegnung mit der ungeheuchelten Liebe des wahren „Lehrers“.

Ich habe mindestens einen Menschen gekannt, an dem ich dies geschmeckt habe. Nicht sofort – nach einer Zeit der Geduld.

Es schmeckte nach Herrlichkeit.

Und ich spüre den Nachgeschmack bis heute.

Herrlich.

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