Wiederkunft Jesu

Do 31.08.2023

Mt 24:42-51 Der Herr kommt, wenn wir es nicht erwarten

Der Abschnitt heute steht im Kontext der Reden Jesu von Seiner Wiederkunft. Es wird für die verschiedenen Lebensbereiche bezeugt. Besonderes Gewicht liegt auf den Knechten des Herrn, also z. B. auf Pastoren – aber auch allen, die Deine Knechte sein wollen.

Warum ist der Zeitpunkt der Wiederkunft mit Überraschung verknüpft?

Ist Jesus im Geist nicht allezeit da?

Es scheint ich lebe doch nach der Vogel-Strauß-Methode. Wenn ich den Kopf in den Sand stecke, und die Gefahr nicht mehr sehe, dann gibt es die Gefahr auch nicht mehr.

Wenn ich bete, ist Gott nahe. Wenn ich nicht bete, sondern Netflix schaue, ist Gott nicht da, und sieht mich nicht. Dann wäre es überraschend, wenn Er plötzlich in der Tür steht. Gestern war es in etwas so.

Bei einem KIT Einsatz habe ich eine Frau betreut, deren Mann mit seinem Motoroller in den Gegenverkehr gekommen war. Er lag im Koma – und als ich viele Monate später noch einmal mit ihr sprach, lag er immer noch im Koma und sie erzählte mir, dass sie jeden Tag bei ihm wäre.

Das hatte besonders damit zu tun, dass sie sich am Abend vor dem Unfall über eine Lappalie gestritten hatten und sie aus Trotz am Morgen nicht mit ihm aufgestanden war, wie sie es sonst immer getan hatte.

Nicht jedes Vergeben und um Vergebung bitten ist morgen noch möglich.

Oder der Suizid eines jungen Mannes. Ich sprach mit der Schwester, die im selben Haus wohnte. Sie war auch deshalb verstört, weil sie nichts hatte kommen sehen. Jeden Tag sah sie ihn, aber sie wußte und ahnte nichts von dem verzweifelten Todeskampf des Bruders.

Ich bin gewiss, wenn Du, Herr Jesus, wieder kommst, wirst Du mich danach fragen, ob ich die tiefe Einsamkeit der Menschen um mich herum wahrgenommen habe, ernst genommen habe.

Dazu bin ich in der Welt.

Zumutung

Die reale Wiederkunft Jesu – seit Jahrzehnten habe ich dazu keine Predigt mehr gehört. Manche reden von dem Antichristen, als wenn Jesus gesagt hätte, dass wir den erwarten sollen – oder den verhindern sollen.

Eine konkrete Wiederkunft Jesu an mich heranzulassen, fällt mir schwer. Wie oft ist alles anders gekommen, als ich erwartet habe. Z. B. als Israel 40 Jahre bestand, oder 50 Jahre (Erlassjahr). Oder der Krieg um „Babylon“ im Nahen Osten.

Führt eine Naherwartung nicht zur Gleichgültigkeit gegenüber der Zukunft der Welt? Oder ist es irgendwie symbolisch gemeint?

Vielleicht so, wie bei Vater Martin, der um Jesu Begegnung gebetet hat und eine Zusage von Ihm bekam. Stattdessen kamen aber nur irgendwelche Menschen in ihrer Not zu ihm.

Erst am Abend, in seiner Traurigkeit, offenbarte Jesus ihm, dass Er in diesen Menschen zu ihm gekommen ist.

All das ist gültig. Auch mein eigener Tod ist für mich die Ankunft Jesu.

Aber Matthäus beschreibt doch etwas anderes.

Die Wiederkunft Jesu ist ein Ereignis, das für alle Menschen zugleich gültig ist und endgültig ist.

Wenn ich auf meine Kinder und Enkel schaue, erwische ich mich dabei, mir zu wünschen, dass es noch etwas dauert. Will ich denn wirklich Jesu Wiederkunft inklusive Seines Gerichtes erleben?

Wenn es eine „Vollzahl“ gibt, ist dies eine reale, endliche, gegebene Zahl.

Jesus kommt, wenn diese Zahl erreicht ist.

Jedes Verzögern bedeutet auch, dass mehr Menschen geboren werden, die nicht dabei sind, die nicht dazu gehören.

Die Wiederkunft Jesu ist nicht etwas, das ausbleiben muss, weil ich es mir nicht vorstellen kann oder weil es mir zu schwer ist.

Ich fasse es nicht, ich glaube es doch.

Heute, wenn ich Deine Stimme höre, und die Einsamkeit des Bruders spüre, will ich die Stunde erfüllen, wozu sie da ist. Auf dass Du wiederkommen kannst und mich und ihn bereit findest.

4 Kommentare zu „Wiederkunft Jesu

  1. Als ein Kind, das mit und nur mit der Wiederkunft Jesu, bzw dem Antichristen gross geworden ist, triggert mich das Thema natürlich.
    Ich kann selber nicht mehr an die Wiederkunft glauben, zu sehr bin ich enttäuscht von all dem Reden und prophezeien
    Wenn Gott es tun möchte, dann ist es seine Sache und gut.

    Ich sehe es eher wie in der Geschichte des Schuhmachers Martin. Oder wie in den Beispielen, die du anführst. Das ist meine Herausforderung, dass ich Jesus einlasse – im anderen erkenne und ihn ehre.

    plötzlich könnte die Erkenntnis zu spät sein…

    zu spät – ich glaube unbedingt an die Versöhnung, weil es sonst für uns nicht weitergehen kann, nicht hier und nicht drüben.
    Somit muss ich mich auch da nicht auf ewig verkopfen, falls ich etwas verbockt habe. Wir sind alle unzulänglich, aber wir haben eine Zukunft. Die Bibel spricht im Hinblick auf die Wiederkunft Jesu von einem grossen Versöhnungstag – das stelle ich mir vor, allerdings als persönliches und befreiendes Erlebnis der Betroffenen.
    das wird auch überraschend sein, denke ich. Aber das wird sein und das ist auch tröstlich für mich und für meinen Nächsten, der meint, er hätte für immer versagt an mir und ich an ihm.
    Es darf natürlich auch ein grosser Versöhnungstag geben und Wiederkunft und alles. So wie es Feste des Herrn gibt. Aber der persönliche Versöhnungstag und die persönliche Begegnung mit Jesus scheint mir wichtiger. Im Heute und für immer.
    ganz liebi Grüess
    Brig

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    1. Liebe Brig,

      danke für Deine Gedanken. Ich ahne wie schwer es ist.

      Mir ist es wichtig, meine Gedanken und Gefühle nicht als letztes Wort zu haben. Dennoch will ich mir nichts darüber vormachen, wo ich stehe. Dazwischen gibt es eine Spannung die ich zur Wahrheit hin auflösen will – sei es ein Weg, sei es ein Sprung.

      Ich vermute, Dein Text ist kein Widerspruch – oder verstehe ich etwas falsch?

      In Verbundenheit Grüße ich Dich

      Andreas

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      1. Ihr Lieben,
        muss diese Spannung wirklich aufgelöst werden? Vielleicht geht es genau darum, in ihr zu leben. Mit dem
        Kopf renne ich nur gegen die Wand, genau wie bei der Frage nach dem ewigen Leben. Als ich dieses Evangelium betrachtet habe, kam irgendwann eine Antwort wie „der Herr kommt“. Ohne Bild, ohne Geschichte, sie war einfach da. Das macht für mich, ohne dass auch ich das letzte Wort haben wollte, die ganze christliche Hoffnung aus: Unfassbar, nicht zu beziffern, nicht nennbar. Ich war Jesus einfach dankbar und kam mir doch reichlich winzig vor. Das war dann die Kur gegen den Hochmut gegenüber allen, die das wörtlich nehmen, an eine konkrete Wiederverkörperung oder ein ebenso konkretes Wandeln im Paradies glauben.Seit lieb gegrüßt!

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  2. Guten Morgen Andreas
    Nein, ich widerspreche nicht, auch ich will nicht das letzte Wort haben. Manchmal drückt der Frust durch die Worte, aber ich glaube, du kannst es gut einordnen 😀
    Hab einen fröhlichen Tag
    Liebe Grüsse
    Brig

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