Di 19.09.2023
Lk 7:11-17 Die Mutter zu Naïn.
Was dem Sohn geschieht, geschieht der Mutter.
Vielleicht ist es recht zu sagen: Das eigentliche Sterben des Sohnes erlebt die Mutter, denn sie erlebt das Sterben und die Leere des gestorben seins.
Sie lebt und erlebt den weiteren Verlauf ihres Lebens das Fehlen des Sohnes.
Mehr als eine Mutter ist niemand mit dem Leben verwoben. Die Mütter sind die Quelle. Sie tragen das werdende Leben, sie gebären es in Schmerzen und nähren es mit ihrer Substanz an ihrer Brust.
Wenn ich einen Menschen auf die eine oder andere Weise behandele, und mir nun vorstelle, seine Mutter ist Zeuge – werde ich dann nicht noch sorgsamer seine Würde achten? Die Liebe der Mutter erhöht den Menschen.
Und das gilt für die Zeugenschaft auch meiner Mutter. Sie sorgt sich mehr um mich als ich selbst.
So ist auch das Töten eines Ungeborenen zumeist ein Anschlag auf die Beziehung der Mutter zu diesem Kind.
Maria
Jesus weiß und spürt die breite und tiefe und höhe dieses Bezogen-seins der Mutter zum Sohn.
Er wird später vor Seiner Mutter erleiden, was Er erlitten hat.
Er mutet ihr zu, Seinen Tod mit anzusehen, ja mit zu erleiden.
Es ist mir offenbar, dass Er hier auch das sagt: Ich sehe dein Leiden, Maria, das Leiden einer Mutter.
An dieser Frau aus Naïn tröstet Er ein wenig diesen Schmerz, weil Sein Schmerz am Schmerz der Mutter offenbar ist.
Ich vermute, manch ein Mensch meidet auch Bindungen, oder gar Kinder, weil er sich vor ebendiesem Schmerz fürchtet.
Die Ohnmacht zu empfinden, wenn meinem Kind etwas geschieht, etwas angetan wird, grenzt ans Unermessliche.
Gott geht in der Mutterschaft Marias zu Jesus diese Bindung zu einem Menschen ein. Er bürdet Maria auf, was Er selbst trägt.
Insofern ist die Lehre der Kirche als wahr zu spüren: Maria ist in gewisser Weise Miterlöserin. Sie ist von Gott eingebunden worden in das Geschehen, besonders das Geschehen am Kreuz.
Gott ehrt den Menschen in unfassbarer Weise. Er macht ihn nicht allein zum Objekt Seiner Liebe. Sondern mehr.
An Maria ist erkennbar, dass Gott uns Menschen, mich, einbindet in das, was Sein Werk ist. Dass Er das Joch Seines Sohnes breit macht, für Ihn und für mich.
Ich nehme von Gottes Ehre nichts weg, wenn ich das sage.
Im Gegenteil.
Gott ist groß genug, uns in Ihn einzubinden. Ganz offenbar an Maria zu erkennen. Nicht nur in Empfängnis und Mutterschaft. Auch im Leiden und Sterben des Sohnes – also Gottes.
Es ist ein schwerer Schritt, Gott nicht für so eitel zu halten, wie ich es vielleicht wäre, wenn ich Gott wäre. Großzügig und gönnend – aber doch darauf achtend, die Fäden nicht ganz aus der Hand zu geben.
Gott aber ist größer.
Wer bin ich, Maria nicht zu danken, wenn Gott selbst sie an Seinem Werk beteiligt hat?