Die Gerechtigkeit des Menschen ist nicht die Gottes

So 24.09.2023 Caritas Sonntag

Mt 20:1-16 Von den Arbeitern im Weinberg

Wer etwas forschen möchte, dem empfehle ich andere Andachten zudem Thema und ein Vortrag von Prof. Zimmer (danke Robert).

Vom 24.08.2023 Gönnend sein

Vom 17.08.2022 Den Tag ausschöpfen

Vom 18.08.2021 (unveröffentlicht).

Und der beachtenswerte Vortrag von Prof. Dr. Siegfried Zimmer

Hier nun die Andacht für heute.

Wenn ich über einen Text nachdenke, nehme ich mich selbst immer in dieses Nachdenken mit hinein. Aus dem Nachdenken kommt dann meist eine Ausgestaltung dessen heraus, was ich schon vorher gedacht habe – wenn auch nicht in dieser Ausschmückung. Dem gilt es zu entkommen.

Das Bedürfnis nach Gerechtigkeit ist sehr groß. Mir scheint, es ist auch ein Fortschritt gegenüber der Welt der Natur. Die Natur kann nicht gerecht sein – sie ist eher ausgewogen. Gerechtigkeit ist ein geistiger Akt.

Soziale Vereinbarungen, abgesichert oder initiiert durch religiöse Überhöhung, so kann man es vielleicht sagen.

Ist Gerechtigkeit also gut?

Gerechtigkeit ist eine Art Basislager bei einer Bergbesteigung. Es ist gut, solange es als etwas Vorläufiges gesehen wird.

Gerechtigkeit kann zum Wahn werden, wie es heute offenbar ist. Menschen vergötzen ihr Empfinden für Gerechtigkeit so sehr, dass sie andere zwingen, dafür Nachteile, ja Schaden in Kauf zu nehmen.

Wie viel Gutes kann nicht getan werden, weil es ungerecht ist?

Gerechtigkeit kennt weder Freiheit noch Liebe.

Das Gesetz ist Gerecht. Justizia hat verbundene Augen. Sie sieht den Menschen nicht. Sie kennt keine Liebe. Und wäre sie frei, wäre sie nicht gerecht.

Nur der Bundespräsident kann begnadigen – Begnadigung kann nicht Bestandteil eines Gesetzes sein – denn sie ist ungerecht.

Die Welt Gottes

Gott gegenüber hat es keine Gerechtigkeit gegeben.

All das, was Jesus Christus geschehen ist, ist im höchsten Maße ungerecht.

Da nun Gott aber die höchste Form der Existenz ist, erschrecke ich.

Ich weiß, dass ich vor Gott und mit Gott nur leben kann als einer, der wie Gott ist.

Kein „Mensch“ kann Gott schauen und am Leben bleiben.

Eine Aussage, die nicht nur im Alten Bund galt – auch im Neuen Bund ist es so.

Ich kann auch als perfekter, vollkommener Mensch nicht im Reich Gottes existieren.

Sondern nur, indem Christus in mir Gestalt gewinnt, wie es Paulus sagt.

Gerade, in dem mir Ungerechtigkeit widerfährt, kann ich Christus ähnlicher werden. Darin kann Er in mir Gestalt gewinnen.

Nicht die Art von Ungerechtigkeit, die ich aus Schwäche akzeptiere. Jesus war allezeit mächtig zur Gerechtigkeit.

Sondern die Ungerechtigkeit des liebenden Tausches.

Dieser Tausch ist jedoch nicht von der Art eines Geschäftes. Sondern ein Vollzug der Wesensart Gottes. Das Wort „Tausch“ kann schnell in die Irre führen – es ist nur ein Teilaspekt.

Ich nehme eine andere Beschreibung:

Gott ergreift die Perle (den Menschen) im Acker.

Der Acker ist hier ein Bild für eine Schlammwüste. Die Schlammwüste der Sünde.

Und dabei werden Gottes Hände „schmutzig“. Damit ich sauber werde.

Der Tausch betrifft nicht das Wesen, sondern die Attribute.

Die Substanz des Menschen ist immer noch die, die Gott geschaffen hat, die, die den Atem Gottes in sich hat.

In der Selbstverkrümmung hat der Mensch den Kontakt zu Gott verloren und die Heilige Liebe für sich selbst missbraucht. So wie es ist, ist es ein Sterbevorgang. Und allein kommt niemand da heraus.

Du aber lockst uns, z. B. mit diesem Gleichnis, hin zu der Erinnerung an jene Welt, aus der wir kommen. Die Welt, die nicht nach sich fragt – und damit sich nie ungerecht behandelt fühlen kann. Die Welt Gottes.

Wenn ich also meine Gedankenwelt der Welt in dieses Gleichnis nehme (wie ich es einleitend sagte) , kann ich im besten Fall nur staunen.

Erinnere ich mich jedoch an „Gott in mir“, kann aber ein Sehnen nach Freiheit entstehen. Freiheit, wieder ganz dort daheim zu sein. Dort, wo mein Herz nicht mehr nach mir fragt – sondern nach Dir im je anderen.

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