Heiliger Tausch

Sa 30.09.2023

Lk 9:43b-45 Jesus kündigt Seinen Kreuzweg an

Von Paulus über Luther bis aktuell zu Boris Wandruszka – der Tausch.

Allerdings bei Luther sehr vorläufig gedacht. Als: Jesus tauscht Seine Herrlichkeit gegen meine erbärmliche Sündigkeit.

Nun bin ich fortan in Seiner Herrlichkeit, in Seiner herrlichen Position.

Dort ist die Geschichte aber nicht zu Ende. Die höchste und eigentliche Herrlichkeit Jesu ist der Kreuzweg – nicht Seine Position im Himmel. Sondern Seine Position als Knecht, mit irdischem Leib, hingegeben in die Hände der Menschen.

Der Kreuzweg, angefangen am Verkündigungstag Mariens.

Ich werde gefragt: Willst du in allem – auch in dem – bei mir sein?

Die Jünger wollten es hier noch nicht.

Zwar sagt Lukas: Sie verstanden es nicht, es war ihnen verborgen.

Aber was fürchtet sie dann? Warum hatten sie Angst, Jesus danach zu fragen? Der natürliche Mensch ist so weit weg davon, dass es nur als Taubheit zu beschreiben ist.

Aber unser Herz weiß es.

Vielleicht könnte man an den Tausch zur Herrlichkeit Jesu festhalten, wenn da nicht gesagt wäre: Liebe deinen Bruder. Gerade den Bruder in Leid und Verhärtung. Den einsamen Bruder, den, der sich verlaufen hat.

Aber auch so: Das Wesen Gottes ist auch Bezogenheit. Und ich bin „nach Seinem Bild“, Ihm ähnlich. Ich kann niemals allein in den Himmel kommen – ich müßte ja zuvor mein Wesen aufgeben.

Zur Bezogenheit gehört das gestiftet sein. Die Beziehung ist gestiftet. Zu wem ich bezogen bin, das ist zumeist nicht meine Wahl. Es sind die Eltern und Generationen vor mir, es ist meine Frau und die Generationen nach mir. Es ist mein Ort, mein Land, meine Kirche.

Alles nicht wählbar. In jeder Wahl dieser Art liegt eine Form von Willkür.

Und wozu auch.

Gott ist gut. Und Ort und Zeit meiner Vorfindlichkeit ist in Ihm.

Heilungswunder oder Kreuzweg

Ich habe schon einige Predigten über den Abschnitt gehört, der direkt vor diesem steht. Die Heilung des dämonisch belasteten Kindes, nachdem Jesus vom Berg der Verklärung gekommen war.

Aber zu diesem Abschnitt erinnere ich mich an keine Predigt.

Ein Tausch, ein Empfangen der Vollmacht Jesu? Gern.

Wie geht das? Welche „Glaubenstechnik“ brauche ich dazu (ich habe gestern eine Predigt dazu gehört).

Hauptsache, es ist „reiner“ Glaube. Der in manchen Bibeln vorhandene Zusatz („nur durch Gebet und Fasten“) könne also nicht stimmen.

Fasten als Werk ist ein Irrtum, fasten als loslassen des Selbst aber nicht.

Gebet als Werk – wie kann man das so deuten?

Gebet ist Verbundenheit, Anteilname am Herzen Gottes.

Das andere klingt mir wie: „Ich bleibe ich und ergänze durch Glauben das Wirken Jesu.“

Welt

In dem Augenblick, wo es „Welt“ gibt, gibt es Leid.

Jesus erlöst mich nicht von der Welt – sondern für die Welt.

Die Welt ist nicht „gut“, wie viele sagen – nicht ohne Jesus und „Jesuaner“. Nicht ohne Menschen, die sich, wie Jesus, an der Welt die Füße schmutzig machen.

Das Wesen des Gebens beinhaltet das Wesen des Empfangens.

Der Empfangende ist immer schon da.

Entweder als Bedürftiger, der sich seiner Bedürftigkeit bewusst ist. Der fragt und sucht.

Oder als Leidender, der sich selbst retten will und dem die anderen Objekte sind, Ressourcen für sein selbst.

Gebende sind erst da, wenn sie den Anderen sehen und in dem seinen erkennen.

Es erfordert einen Akt des von sich selbst Lassens.

Übrigens, auch im Empfangen.

Darum nenne ich es nicht gern „Heiliger Tausch“. Es sei denn, der Tausch wird selbst als etwas Wesenhaftes verstanden. Es gibt kein „fertig“. Kein „getauscht haben“.

Es gibt nur das Tauschen selbst in Erfüllung des Wesens des ganzen Menschen. Hier scheint mir der Unterschied zu Luther. Jesus ist ein tauschender – immer. Und nur zu solch einem kann ich getauscht werden.

Und auch dort fehlt noch das wunderbare Dritte.

Nicht nur, dass Gott immer großzügiger ist als ich.

Sondern in Seiner unfassbaren Gnade hat Er dem Menschen gegeben, Mitschöpfer des „mehr“ zu werden.

Ohne Gott gäbe es nichts. Aber Gott hat von Seinem Privileg, nämlich Ursache von allem zu sein, Seinem geliebten Geschöpf etwas gegeben. Er hat den Jubel der Schöpfung mit uns geteilt. Ich sehe es an meinen Nachfahren. Sie sind auch substanziell von mir (und natürlich von Gott).

Guidoccio di Giovanno Cozzarelli, Die Heilige Katharina von Siena tauscht ihr Herz mit Christus.

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