Prophetie?

Do 05.10.2023

Lk 10:1-12 Aussendung der 70 anderen

Der Text fordert mich heraus, ihn einmal ganz neu zu bedenken.

Radikal

Er ist sehr radikal.

Jedes Haus, jede Stadt wird nur einmal besucht – und es ist diesem Haus und dieser Stadt ein Endgericht.

Es ist nicht von einem Angebot die Rede.

Das Reich Gottes wird nicht als ein Weg (unter anderen) dargestellt. Wer nicht jetzt schon ein Mann des Friedens ist, wo eine Stadt die Boten verweigert, wird gesagt: Sodom wird es erträglicher gehen.

Wer darf so reden?

Nur wer sich selbst gestorben ist. So habe ich es gestern gesagt.

Zu Recht muss ich harmlos sein, wenn ich mich selbst vertrete. Keinen Auftrag habe, den ich unvermischt ausführe. Unvermischt mit Eigenem.

Die Worte Gottes können nur von einem Mann Gottes gesagt werden. Ansonsten mischt sich etwas hinein, und es geschieht Missbrauch. Menschen folgen dem Boten mehr als der Botschaft.

Ich kenne das aus der Seelsorge. Selbst wenn jemand die Taten, z. B. des Vaters, verurteilt – er handelt doch erstaunlich oft nach dem, wie der Vater war, seinem Charakter, seinem Wesen.

Eine wahre Botschaft von einem unwahren Menschen hat schlimme Folgen. In der Psychologie spricht man von „double binding“, das spielt z. B. in der Arbeit mit Traumapatienten eine Rolle. So weitreichend können die Folgen sein.

Prophetie

Das ganze Geschehen scheint mir eine Prophetie zu sein. Ein Bild auf Zukünftiges.

Zunächst dachte ich, es wäre die Ausbreitung der Kirche selbst.

Aber so vieles passt nicht.

Weder damals noch danach gab es nur Mission. Wie sollen die Menschen denn schon Frieden haben? Zu was sollen sie sich bekehren? Welches Evangelium gab es zu der Zeit schon?

Und auch die Mission später. Sie baut Strukturen auf. Sie führt auf einen Weg.

Mir scheint:

Es handelt sich um das Ende der Zeit.

Am Ende der Zeit wird einem Jeden noch einmal das Evangelium ins Haus gebracht (ans Herz getragen).

Manche sind dann bereit – weil sie schon vorher bereit waren. Sie sind Kinder des Friedens. Es ist der Tag der letzten Wahl – vielleicht besser: der Offenbarung dessen, was schon gewählt ist.

Eine Stadt

Manch einer sagt sich: „Ich glaube doch“ – und lehnt sich zurück.

Ob ich ein Kind des Friedens bin, zeigt sich an kritischen Situationen durch meine Tat.

Wie oft fällt mir hinterher ein, wie ich als Mann des Friedens – besser als Kind des Friedens, hätte reagieren sollen.

Die Saat des Friedens braucht eine lange Zeit und guten Boden, um zu reifen. Sie braucht auch ein beackertes Feld.

Ein Merkmal ist dabei meine Verantwortung für meine Stadt.

Wer selbst ein Kind des Friedens sein will, ohne zugleich die Heimat heiligen zu wollen, für Nachbarn und Bäckersfrau einstehen will – der ist gar kein Kind des Friedens.

Denn wir sind Salz der Welt – oder taugen zu nichts, und die Leute zertreten uns auf der Straße, wie Jesus in der Bergpredigt sagt.

70 andere

Mir scheint, von den Jüngern Jesu ist die Rede, wenn das Reich Gottes gebaut wird.

Hier aber ist von Ernte die Rede. Die wird später durchgeführt – von „anderen“.

Zudem gibt es eine Zahl. Ich stimme mit den Juden überein, die glauben, dass es eine feste Zahl der Vollendung gibt. Also ein Maß.

Ist dieses Maß erfüllt, beginnt das Ende – besser: Vollendung hat stattgefunden.

Jesus kam in die Zeit. Er ist kein himmlisches Prinzip.

Darum wird auch in der realen Zeit ein anderes Ereignis stattfinden.

Ich erinnere:

“‭Da‭ aber‭ die Zeit‭ erfüllet‭ ward‭‭, sandte‭‭ Gott‭ seinen‭ Sohn‭, …“ (Galater 4:4, Lut)

Oder:

“‭Es begab‭‭ sich aber‭ zu‭ jener Zeit‭, daß ein Gebot‭ von‭ dem Kaiser‭ Augustus‭ ausging‭‭, daß alle‭ Welt‭ geschätzt‭‭ würde.‭”

(Lukas 2:1)

Ich will das Undenkbare nicht zu einer Einschränkung meines Glaubens machen. Ich habe keine Vision vom Ende – aber ich vertraue den Zeugen und dem Geist Gottes, der in alle Wahrheit führt.

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