Das Erbe ist die Erde – nicht die Frucht

Mo 30.10.2023

Lk 13:10-17 Die Heilung der verkrümmten Frau am Sabbat

Wer meint Ihn zu kennen prüfe die Freude in sich.

Der rechtgläubige Vorsteher

Der Synagogenvorsteher ist nicht liberal. Nicht modern. Er rennt nicht der Stimmung im Volk hinterher.

Und hat er nicht recht?

Rankt sich nicht das Heil Israels um die Einhaltung des Sabbat? Kaum etwas wird in der Thora mehr betont als dies.

Legt Jesus die Thora zu liberal aus?

Oder ist Er gar ungeduldig? Er könnte doch bis zum Abend warten, wie Er es auch sonst getan hat.

Sollte nicht gerade ein Mann Gottes sich an die eigenen Ordnungen halten?

Der Synagogenvorsteher scheint mir tapfer die Überlieferung aufrechterhalten zu wollen. Das Erbe der Väter, die Ordnungen Gottes – was soll daran falsch sein?

Aus heutiger Sicht scheint es klar – aber nicht aus der Sicht damals.

Mir scheint, gerade die frommsten und besten Verwalter des Erbes von Schrift und Tradition, die einsam gegen den Wind des Zeitgeistes stehen, sind hier angesprochen.

Jesus scheint ein humanistischer Pragmatiker. Einer, der Ethik über Religion stellt – wie ich es von vielen guten Menschen höre.

Ist das die Lösung?

Jesus ist der Sabbat

Jesus hebt den Sabbat nicht auf – Er ist der Sabbat.

In Ihm ist die verheißene Ruhe, der Friede mit Gott.

Der Sabbat ist das Symbol, dass die Thora für Jesus hat.

Es ist gerade nicht lässig pragmatisch, sondern tiefer als konservative und liberale denken – viel tiefer.

Nur ein Mystiker hätte die prophetische Offenbarung empfangen können: Dies ist der Messias, die Ursache und das Wesen des Sabbat.

Sein Handeln ist nicht gegen den Sabbat – sondern der Sabbat ist in Ihm erfüllt.

Jesus erscheint in der Welt

Und die Welt sieht es nicht.

Auch heute.

Wer von uns ist tief genug im Erbe der Väter verwurzelt, um Jesus in seiner aktuellen Erscheinung erkennen zu können?

Wir halten den Vorsteher für einen Toren – aber was sind wir?

Wie kann ich der sein, der Jesus erkennt in all dem befremdlichen, was Er tut?

„Was würde Jesus tun?“

Eine Frage, die in den 90er-Jahren als kleines Band von manchen jungen Christen getragen wurde (aus dem englischen Akronym WWJD).

Dies wird nicht genügen, denn die Frage ist: Was tut Jesus.

Es geht um Ihn, als befremdliche, autonome Person, von der ich nicht weiß, was Er tun würde – bis Er es tut.

Wenn Er nicht in mir sich selbst offenbart als der ganz andere, der jedoch der Verheißene ist – wie soll ich dann klüger sein als der Synagogenvorsteher?

Müde Christen

Viele Christen sind des Christ-seins müde. Sie kennen Jesus, sagen sie – oder vielleicht doch nur etwas von Jesus?

Christus in mir ist gleißende Herrlichkeit – kein bisschen ermüdend.

Mit Christus zu wandeln ist wie das staunende Erkennen einer Vertrautheit, die ich nicht kannte – bis sie mir gezeigt wurde.

Das Wiedererkennen einer Heimat, von der ich nichts wußte, bis ich in ihr wandelte.

Von Herrlichkeit zu Herrlichkeit in Ihm.

Nicht unberührt von der Finsternis der Welt – aber unberührt von ihrer Macht.

Wer will sich umsehen nach dem Sodom meiner Welt irdischer Lust?

Es ist eine Herrlichkeit andere Art.

Kein mehr von dem, was ich meinte, es wäre Glück – sondern Freude von einer anderen Art. Eine Freude, die nichts vermisst von dem, was mir vorher lustig erschien.

„In Ihm und mit Ihm und durch Ihn ist Dir, Gott, allmächtiger Vater, in der Einheit des Heiligen Geistes alle Herrlichkeit und Ehre jetzt und in Ewigkeit.“

Denn Herrlichkeit ist immer und nur die Anteilnahme an der Herrlichkeit – oder besser – der Verherrlichung Gottes.

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