Sa 04.11.2023 Hooksiel
Lk 14:1.7-11 Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden
Wo setzte ich mich von mir aus hin? Weiter vorne?
Als ich gestern über dieses Gleichnis nachsann, dachte ich:
Ich möchte, ja ich will nach vorn. Ganz nah zu Jesus. Nicht irgendwo hinten, wo ich Ihn kaum sehe und erlebe.
In meiner Schulzeit habe ich, soweit ich mich erinnere, immer hinten gesessen. Lieber alles von hinten beobachten und selbst nicht beobachtet werden.
Erst als studiert habe und wirklich etwas wollte, hörte ich die Worte eines Dozenten. Er sagte: Vorne sitzen die, die eine Eins erhalten, hinten die mit den Fünfen.
Und ich wußte, was er meinte.
Ganz vorn war für mich immer das Risiko, mich zu blamieren.
Nun aber: Ich schäme mich nicht, Jesus lieb zu haben und dafür den Blick in den Rücken in Kauf zu nehmen.
Ich bin kein vorsichtiger Beobachter mehr, ich weiß, was ich will.
Ich will nicht vorne sitzen, weil ich gut bin, sondern weil ich Jesus nah sein will.
Ohne Ihn mangelt es mir. Ich kann nicht hinten sitzen mit meiner Sehnsucht.
Ja, es ist nicht das Thema, das Jesus meint. Aber es brennt in mir, dies zu bekunden. Auch, um es mir selbst klarzumachen.
Ich spüre, dass ich in Deiner Nähe geborgener bin, als in jeder dunklen Ecke, die mir früher sympathisch war.
Und ich bin auch vorne, weil ich gern einen kleinen Auftrag von Dir möchte, eine Gabe für meinen Bruder. Etwas, mit dem ich ein Segen sein kann.
Nur aus der Nähe zu Dir kann etwas für die Welt reifen.
Wann ist es besser, an den letzten Platz zu rücken?
Wenn ich kein Fragender bin, sondern ein Sagender.
Wenn ich eine Meinung habe und mich vertreten will.
Mich zu vertreten ist nicht falsch – aber ohne Sorge.
Habe ich Sorge, suche ich Mittel, die mich größer machen. Sei es, dass ich mich wiederhole, übertreibe, gar lauter werde. Oder auch mich weiter vorn hinsetzte als Ausdruck dessen, dass ich wer bin.
Autonomie
Aber der Text weist eigentlich auf etwas anderes hin.
Mich hinzusetzten, wo ich will, ist ein Akt, der Autonomie ausdrückt. Ich setze mich hin.
Das Geheimnis ist, dass ich schon gesehen bin, ohne mich zu zeigen.
Ein anderer kennt meinen Platz und setzt mich dorthin.
Der Autonome meint frei zu sein.
Mein Wesen ist aber auch Bezogenheit. Eine Freiheit ohne Bezogenheit kennt sich selbst nicht. Wirklich frei sein bedeutet, nicht mehr um Freiheit kämpfen zu müssen. Wer kämpft, ist dem Kampf gegenüber unfrei.
Denn eigentlich will ich frei sein, um den Anderen in Freiheit lieben zu können und zugleich jemand zu sein, der geliebt werden kann – und geliebt ist.
Das geschieht, indem ich meine soeben gefundene Freiheit verschenke.
Ich habe meine Freiheit in Freiheit Gott geschenkt. Freiheit und Liebe küssen sich.
Sich selbst erniedrigen
Das ist ein Weg. Das Ziel erscheint mir nicht eine Art Nichtung.
Ich vertraue auf den, der mich liebt. Ich eifere um Empfänglichkeit. Darum, dass der andere frei ist, mich zu sehen und seiner Liebe Ausdruck zu geben.
In allem suche ich Dich, Herr Jesus, und vergesse, wer ich bin.
Indem ich meine Ohren spitze und Dir lausche, machst Du mich mehr und mehr zum Auge. Ein Auge, dass sich selbst nicht sieht (oder gar sucht), sondern Dich sieht.
So wie die Seraphim in der Erscheinung des Jesaja ganz mit Augen bedeckt sind.
Dazu will ich Dir nahe sein.