Wie sehe ich Jesus in der Welt?

So 26.11.2023 Christkönig

Mt 25:31-46 Vom Weltgericht

Die einen kümmern sich um Jesus, die anderen nicht.

Beide meinen, Jesus nicht gesehen zu haben.

Wie sehe ich Jesus im Bruder, auch wenn ich ihn nicht erkenne.

Die Geschichte von Schuster Martin beschreibt es. Im Original bei Leo Tolstoi.

(Wikipedia)

Ich habe einige Male über diesen Text geschrieben. Vielleicht besonders in: Das faktische des Anderen

Ich fasse es heute in zwei Punkten zusammen:

Wie sehe ich Jesus?

1. Wenn ich die Selbstliebe aufgebe.

Zwischen dem Anderen und mir stehe ich. Wohin schaue ich?

Schaue ich auf meine Sorgen, Wünsche, Gedanken?

Schaue ich auf meinen Hunger, meinen Durst, meine Nacktheit?

Schaue ich auf meine Krankheit, meine Gefangenschaft, meine Fremdheit?

Da ist neben mir jemand, der dasselbe tut.

Und es hilft ihm nicht.

Und ich will, dass er mich in meiner Not sieht.

In meiner Einsamkeit.

Aber auch wenn der andere mich sieht, es tröstet nur einen Moment.

Erst mein Blick zum Anderen nährt den Hunger meines Herzens.

Es ist nicht ein Geschäft, es ist der Herzschlag Gottes.

Das Blut fließt zu jenem – und kommt anders zurück.

Ich kümmere mich nicht um den Rückfluss, denn mein Blick ist dort, wo das Leben fehlt, wo ich Wärme und Leben geben kann.

2. Wenn ich weniger auf anderes schaue

Neben dem Blick auf mich selbst gibt es noch die Ablenkung durch das Zweitwichtige.

Es ist das, was gut, wichtig und nötig ist – aber dennoch im Dienst des Ersten stehen muss.

Werke

Beruf, Forschung, Unternehmung, Stadtplanung, u. v. m.

Diese Dinge können dienen.

Schuster Martin hat weiter Schuhe hergestellt und geflickt.

Sie haben aber die Gefahr, das Aufmerken zu binden.

Formen

Ein „richtiger“ Gottesdienst, Messe, Liturgie.

Ordnungen und Hilfen zum eigenen Wachstum.

Sehr wichtig – aber nicht hinreichend.

Lösungen

Problem an sich zu lösen, ist gut. Z. B. Strukturen schaffen, die die Ernährungslage verbessern. Flüchtlingsunterkünfte bauen oder Arbeitsplätze schaffen.

Alle gut – aber nicht hinreichend.

Und das nicht Hinreichende reicht dann wirklich nicht.

Es geht um Personen und Beziehungen.

Kommen diese wenig vor, reichen „Lösungen“ am Ende nicht.

Gerade für mich ist das ein Thema, weil ich gern Probleme löse.

Und staune, wenn Menschen sich nicht an Lösungen freuen.

Und sie habe recht:

Liebe sie – unter dem ist alles nichts.

Die Reihenfolge ist: der Mensch zuerst, schon vor jeder Lösung.

Praktisches

Darüber habe auch an anderen Orten geschrieben, hier ein paar Gedanken zum weiter bedenken.

Wenn ich keinen Nackten vor der Tür habe, den ich kleiden soll, dann ist dies auch ein Zeichen, dass all das, was Jesus sagt, mehr ist als das Etikett.

Hunger: Das Thema Ernährung, Übergewicht, Anorexie, Bulimie etc. ist komplex und hat oft mit Rollen und Beziehungen zu tun. Besonders in der Ursprungsfamilie.

Durst: Welches Getränk löscht meinen Durst? Wie oft trinken Menschen Dinge, die sie immer durstiger machen.

Fremd: Orientierungslos, Dement, Heimatlos, Einsam, Verwirrt.

Die Welt ist vielen Menschen fremd geworden.

Nackt: Decke ich die Schwäche und die Fehler des Anderen zu?

Es ist leicht und eine Art Sport, Schwächen und Fehler anderer zu suchen und zu diskutieren.

Noahs Sohn Ham schaute auf die Nacktheit seines Vaters. Dies ist Noahs Reaktion (1. Mo 9):

24 Da erwachte Noah von seinem Wein und erfuhr, was ihm sein jüngerer Sohn getan hatte, 25 und sprach: Verflucht sei Kanaan; ein Knecht der Knechte sei er seinen Brüdern!

Krank: der schwierige Mensch. Vielleicht eifersüchtig, zwanghaft, überempfindlich, aggressiv etc.

Bleibe ich bei ihm, auch in seiner unangenehmen Art?

Nicht nur stoisch, sondern treu und bemüht, den Gesunden hinter dem Kranken zu sehen (vergl. das Märchen „Die Schöne und das Biest“).

Gefangen: Der Unerreichbare, der, den ich nicht befreien kann. Gefangen in seinen Ängsten und Vorurteilen, in seiner Prägung und kulturellen Identität.

Es sind nur Anregungen für das eigene Denken – wie immer.

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