Reden wird überschätzt

Mo 18.12.2023

Mt 1:18-24 Der Traum des Josef

Was für ein kommunikativen Drama zwischen Maria und Josef.

Eine Betrachtung.

Als erkennbar war, dass Maria schwanger ist, war deutlich, dass die Empfängnis in die Zeit ihrer Reise zu Elisabeth gefallen ist.

Drei Monate ist sie weit weg und kommt schwanger zurück.

Als Verlobte, außerhalb der Ehe – unfassbare Schande. Und das bei einer Frau, die so rein und from daherkommt.

Und kein Wort von ihr an Josef.

Aber was hätte sie auch sagen sollen?

Folgende These:

Nur jemand, der sich zumindest eine schlechte Herzenshaltung zutraut, will sich rechtfertigen. Will „erklären“.

Wenn ich ganz in Liebe und Gehorsam handle, muss und will ich nichts rechtfertigen.

Für mich, der seine Mangelhaftigkeit kennt, kaum vorstellbar.

Ich kenne meinen Mangel (zum Teil) und kämpfe darum allezeit, nicht auch noch ungerechtfertigt beschuldigt zu werden.

Gott streitet für die Seinen – wenn es denn die Seinen sind.

Gerechtigkeit Josefs

Josef wird „gerecht“ genannt.

Aber nicht in unserem Sinne von „Gleich“.

Denn die Kränkung war unermesslich.

Verlobung war damals mehr als heute – es war ein festes Versprechen. Ein richtiger, gesetzestreuer Jude hätte gerechterweise die Todesstrafe für seine Verlobte fordern können.

Und beide waren sehr fromm. Das ist auch ein verborgenes Versprechen.

Du (Maria) bist gerade jene, die meine Sehnsucht nach einer frommen Frau erfüllt. Vermutlich mit ein Grund, Maria heiraten zu wollen.

Josef stellt sie nicht zur Rede. Wozu auch, alles liegt offen auf der Hand. Ihm ist nichts von dem Reden des Engels bekannt.

Er ist vom Mann zur Figur geworden.

Und das wird auch so bleiben.

Er ist nicht Vater, er ist nicht ganz Ehemann, er ist nur Versorger und Beschützer. Die einfache Arbeit für ihn.

Auch nach der Offenbarung in der Nacht bleibt das so.

Ihm wird nicht Gerechtigkeit gegeben. Sein Leben ist nicht das, was er sich vorgestellt hat.

Ein Sinnbild eines Mannes, dessen Ehe überhaupt nicht so läuft, wie er es wollte, ja wie er es erwarten durfte.

Ein ausgeschüttetes Leben.

Gerechtigkeit ist zu wenig

Gerechtigkeit im Sinne von gleiches Recht für alle ist nicht in Josefs Leben. Er selbst ist schon nicht gerecht, sondern viel barmherziger, als es recht ist.

Und ihm wird keine Gerechtigkeit widerfahren – er bleibt der „Stiefvater“. Wenn überhaupt. Eigentlich nur eine Art äußerer Platzhalter, damit alles gut aussieht.

Oder?

Josef, der Sohn aus dem Geschlecht Davids, wird den bei sich haben, der der wahre König Israels ist.

Und mir fällt auf: Der Engel redet hier vom Volk Israel. Die Verheißung bezieht sich auf Israel – kein Wort Gottes fällt jemals auf die Erde.

Gott gibt Seinen Sohn in die Hand des Handwerkers Josef (kein Sozialpädagoge).

Ungerechtigkeit ist immer etwas Vergleichendes. Immer etwas, dass sich selbst gegenüber anderen sieht.

Die Erfüllung dessen, was wirklich Freude ist, ist: genau das zu tun und zu sein, was ich bin.

Handwerker, Mann, Hörender, Barmherziger.

Ich lebe nicht im Vergleich zu anderen oder zu Erwartungen und Hoffnungen. Ich lebe nur in meiner Berufung.

Das ist keine bequeme Zufriedenheit mit dem, was nun mal so ist.

Jede Berufung Gottes scheint mir 103 % von dem Maximum, das ich mir vorstellen kann.

Josef ist der Mann, der Gottes Sohn in das Mann-werden begleiten wird. Er ist der, der Ihm sein Handwerk beibringen wird. Er ist der, der Ihn als verletzliches Kind vor Herodes bewahrt. Der, dem Gott Sein liebstes anvertraut, ihm all das zutraut.

Er ist nicht richtiger Ehemann. Er wurde nicht gefragt. Er wurde erst eingeweiht als er gehen wollte. Er redet kein Wort und steht ganz im Schatten.

Er verschwindet aus den Evangelien (anders als Maria).

In welchem dieser beiden Häuser will Josef leben?

Er entscheidet sich für das erste – und die Engel jubeln.

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