Mi 12.06.2024
Mt 5:17-19 Jesus und des Gesetzes i-Tüpfelchen
Manch ein Christ ist so auf den scheinbar bequemen Paulus fixiert, dass er Jesu Worte beiseite tut. So wie oft die Thora von Christen als alt, ja überholt betrachtet wird, so scheint es mir mit den Evangelien, die von Paulus „überholt“ sind (besonders zum Beispiel durch den Galaterbrief). Dass ganz neue ist Paulus – und Matthäus ist dagegen das alten, vielleicht ja überholte.
Meine Kerze
Meine Kerze leuchtet mir nicht nur, sie teilt die Zeit mit mir. Ist mir wie ein Freund in meinem eigenen Vergehen des Lebens. Ach, dass mein Leben doch „verleuchte“ und nicht einfach nur vergehe.
Sie illustriert mir etwas, was ich oft genannt habe: Den Unterschied zwischen „notwendig“ und „hinreichend“.
Docht und Wachs sind für die Kerze notwendig. So das Gesetz. Es ist notwendig. Und nicht zu schnell sollte ich das vergessen. Es gibt keine Kerze ohne die notwendigen Dinge.
Aber es reicht nicht. Die Kerze braucht auch das entflammt werden. Das scheint dann schon hinreichend – ist es das?
Vor kurzem habe ich den Raum verlassen und nicht bemerkt, dass die Kerze noch brannte. Es ist nichts passiert – aber ich sehe etwas daran.
Die brennende Kerze ist nicht hinreichend für ihr Sein – sondern ihre Beziehung zu mir. Sie brennt nicht sich selbst – sie brennt für mich, mit oder bei mir.
Ewigkeit
Ein klein wenig kann ich diese Linie noch ausziehen.
Ist sie aufgebrannt, bin ich doch noch da. Ich sterbe nicht mit ihr und ich erinnere mich an die gute Zeit, die wir hatten. Besonders meine vorherige Kerze, die meine Kinder vor langer Zeit selbst gemacht haben.
Ich bewahre das Leben der Kerze über deren Ende hinaus – ja in gewisser Weise in Ewigkeit – durch mich hat sie eine bleibende Bedeutung.
So auch ich vor Dir.
Mein Leben bedeutet etwas, weil es vor Dir geschieht. Weil es Dir Deine Gegenwart erfreut.
Ich erfülle die Gesetze nicht, damit ich durch sie eine Bedingung erfülle. Die Kerze kommt nicht als Kerze in den Himmel.
Nur was ich als Andreas Dir bin, ist von ewigem Wert.
Dir zuerst und ebenso dem Bruder.
Mir selbst zu leben ist gänzlich nutzlos – wie eine brennende Kerze im Nirgendwo.
Eingerahmt
Das Evangelium hat eine Einleitung und ein Nachwort.
Es wird eingeleitet dadurch, das wir auf den Leuchter gestellt werden sollen. So wie ich die Kerze nicht unter den Schreibtisch stelle.
Und das Nachwort sagt: Wenn unsere Gerechtigkeit nicht größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, gibt es keinen Himmel für uns.
Na klar. Eine Kerzenwerkstatt ist nicht hinreichend – sie ist nur Voraussetzung. Auch eine philosophische Betrachtung über Licht und Wärme und über die Funktionsweise einer Kerze ersetz nicht das warme, geduldige brennen meiner schönen Kerze hier.
Sie verbrennt
Wir alle verbrennen – so oder so.
Meine Kerze ist nicht traurig, dass sie verbrennt – es ist ihre ganze Freude, der Sinn ihrer Existenz. Sie ist ganz für mich da.
Sie leuchtet nicht, damit sie sich selber sehen kann (Selbstliebe).
Aber sie nimmt die Wärme der Flamme, um den Wachs zu schmelzen, der gleich in den Docht fließen wird.
Ich benutze das mir gegebene mit Sorgfalt zum „Betrieb“ meiner selbst. Das ist Annahme. Und ich freue mich darüber, es erfüllt mich mit Dank.
Auch die Kerze hat sich nicht selbst gemacht – ich sehe aber ihren Dank, weil sie sonst nicht wäre, was sie ist – auch nicht für mich.
An dem Ort, an den Du mich stellst, will ich gern – langsam – schmelzen und in Licht übergehen. Meinem Schöpfer zur Freude und zur Ehre.
