Sa 15.06.2024
Mt 5:33-37 Bergpredigt, Wahrhaftigkeit
Wer ist unser Gott?
Jesus spricht von einer Praxis, die ich in anderen Kulturkreisen öfter höre als bei uns. Dem schwören bei irgendetwas. Etwas, das einem wertvoll, ja heilig ist.
Ich vermute, in unserer Kultur meint jeder sich selbst Gott zu sein und deshalb schwört er nicht mehr auf etwas anderes als sich selbst.
„Glaub mir“, oder „ich versichere dir“ oder „das ist aber meine Meinung“ ist eher unser Weg.
Das ist kein Fortschritt – vielleicht ein Rückschritt, weil wir nichts mehr von einer Autorität über uns wissen.
Innere Differenz
Was ich sage, ist nicht deckungsgleich mit dem, wer ich bin.
Das Wort aber ist mehr als ein Kleid, das ich anziehe.
Dass Gott konkret redet bedeutet, dass etwas ist und nicht nichts. Die Schaffenskraft, ja die Übereinstimmung des Wirklichen mit Gottes Wort ist die Art, wie Gott redet.
Wir sind nach Gottes Bild. Die Übereinstimmung meines Wortes mit dem, wer ich bin, ist Bedingung für meine Gottesbildlichkeit.
Wahrheit und Wirklichkeit gehören zusammen. Ein leeres Wort ist eine Scheinwelt. Ein Leben in der Virtualität. In dem Behaupteten. Nicht in Übereinstimmung mit dem, was ist – und damit auch nicht von der Art des Vaters.
Wessen Sohn bin ich?
Der Diabolos (Teufel) wird von Jesus als Vater der Lüge bezeichnet (Joh 8:44).
Und Jesus bezeichnet den, der lügt als Sohn der Lüge. Zugehörig zu dem, der der Vater der Lüge ist.
Ich zitiere aus dem Johannesevangelium:
„Warum kennet ihr denn meine Sprache nicht? Denn ihr könnt ja mein Wort nicht hören. Ihr seid von dem Vater, dem Teufel, und nach eures Vaters Lust wollt ihr tun. Der ist ein Mörder von Anfang und ist nicht bestanden in der Wahrheit; denn die Wahrheit ist nicht in ihm. Wenn er die Lüge redet, so redet er von seinem Eigenen; denn er ist ein Lügner und ein Vater derselben.”
(Johannes 8:43-44, Lut)
Hier öffnet sich ein Abgrund.
Nämlich die Lust am Lügen aus der Vaterschaft des Lügners.
Jesus sagt es zu denen, „die Seine Sprache nicht verstehen“.
Inwieweit verstehe ich die Sprache Jesu?
Wenn ich z. B. an den Text von gestern denke (Ehe und Hölle).
Vielleicht ist es gut, hierüber länger nachzusinnen.
Die kleinste Lust am Schönreden, am Übertreiben und häufigen „Meinen“, verschließt die Ohren für Jesus.
Zum Thema „Meinen“ brauche ich mehr Platz – nicht heute.
Praxis
Was kann ich nun tun?
Der Anfang ist die Sehnsucht nach „der Lust am Vater“. Als Gegenstück zur Lust am Gerede. Will ich dem Vater der Lüge eigentlich abschwören – oder gefällt mir die Lust daran zu sehr?
Schritte können dann sein:
Schweigen
Das Neue braucht Platz.
Eine Art Drogenentzug.
Gestern saßen wir wunderbar mit den Nachbarn in einem kleinen Straßenfest zusammen. Jeder wollte etwas Tolles sagen und redete gern.
Kann ich gern schweigen – außer wenn es wirklich drann ist etwas zu sagen (was kaum der Fall ist)?
Schweigen heißt weniger, nichts zu sagen, als vielmehr: zu hören, ja zu horchen. Zum anderen und zu Gott hin.
Beichten
Nicht nur im Beichtstuhl. Auch vor der Ehefrau. Dort, wo ich übertrieben habe oder schlicht eine Ausrede benutzt habe. In jedem Gespräch oder nach dem Gespräch, wenn ich spüre, ich habe es geschönt und damit der „Lust an der Lüge“ nachgegeben. Es ist vielleicht jetzt, genau jetzt, der Raum zur Umkehr.
Meist scheinbar in dem ganz Kleinen.
Es tarnt sich nur als „klein“. Ist aber vom falschen Vater.
Tagebuch, Seelsorge, Beichtstuhl
Einüben in die Wahrheit ist wie das Einüben in ein Leben ohne Alkohol, ohne Drogen. Viel schwerer als man zunächst meint.
War doch nur ein Bierchen. War doch nur eine Notlüge. War doch nur eine kleine Übertreibung.
Wir sind zunächst trockene Alkoholiker.
Das Neue ist noch zu schwach, als dass es das Alte ganz verdränge.
Wie schön ist es, dass dies ein klarer, praktischer Weg ist, sich selbst zu prüfen und sich aufzumachen, in der Mitte des schmalen Weges zu gehen, der allein mein Herz bereitet für den Gott der Wahrheit.