Do 20.06.2024
Mt 6:7-15 Vater-unser und Vergebung der Schuld
Schuld in der Psychologie
Meine Zeit hat die Schuld abgeschaft. Das geschieht auf verschiedenen Wegen:
Indem das Wort gern mit „keine“ ergänzt wird. Es geht um die Beteuerung der Unschuld – als wenn das Leben davon abhängt.
Oder: Dinge werden zur „Schwäche“ erklärt.
Oder zur Reaktion auf je anderes.
Gern auch wird von „getriggert“ gesprochen. Also das jemand ein alte, schlimme Erfahrung berührt hat und ich empfindlich reagiert habe.
Viktor Frankl wollte in der Logotherapie ohne Vergangenheit auskommen und sprach von der eigenen Stellungnahme, der eigenen Verantwortung für sein Handeln. Er kam aus dem Konzentrationslager und hat auch diese Last nicht als Ausrede gelten lassen.
Das haben die Schulen (Logotherapie) (auch meine) später immer mehr ergänzt, ja fast ersetzt, mit einer verstehenden Psychologie.
Alles hat seine Ursache, die wiederum außerhalb von mir liegt.
Die Ursache hat wieder eine Ursache – niemand ist wirklich schuld.
Schuld bei vielen Christen
Im christlichen Kreisen wird alles von Jesus vergeben. Ich muss es nur glauben. Gnade wird zu einer Art „Persilschein“. (Wer das nicht kennt: gern mal googeln).

Eine Art „Gesetz Christi“ reinigt mich von aller Schuld.
Was ist Schuld?
Ich brauche mehr Platz, um dies genauer auszuführen. Schuld hat mit Wollen zu tun. Nicht mit Schwäche und nicht mit einem Versehen oder etwas, bei dem ich nur an etwas beteiligt bin, was ich nicht verursacht habe. Schuld ist nicht „versagen“.
Schuld hat mit freier Entscheidung zu tun.
Gern mehr an andere Stelle, denn etwas ist mir noch wichtig.
Vater unser
Beim lesen dieses Textes brannte mein Herz.
Ich habe die ersten zwei Sätze ins Hebräische übersetzen lassen.
אָבִינוּ שֶׁבַּשָּׁמַיִם, יִתְקַדַּשׁ שְׁמֶךָ. תָּבוֹא מַלְכוּתֶךָ, יֵעָשֶׂה רְצוֹנְךָ כְּמוֹ בַּשָּׁמַיִם כֵּן בָּאָרֶץ.
Lautschrift:
Avinu shebashamayim, yitkadesh shmecha. Tavo malkhutcha, ye’aseh retzoncha kemo bashamayim ken ba’aretz.
Das erste Wort ist „Vater unser“. Es ist ein Wort, nicht wie im deutschen zwei. Avinu aus Av (Vater) und der Endung für unser.
Niemand hat Gott zum Vater – das sage ich oft.
Denn es ist nicht „mein Vater“ – immer „unser Vater“.
Kein Vater ohne Bruder. Am und mit dem Bruder erst darf ich Vater sagen.
Und nun: Das letzte Wort des zweiten Satzes ist ba’aretz.
Bekannt ist vielleicht Erez Israel.
Ba ist „in dem“ und aretz die bessere Aussprache von eretz.
Gott komme nach Israel (nicht zuerst nach Buchholz).
Kann ich ganz unbefangen so beten? Dein Reich komme nach Israel? Zuerst und zumeist nach und in Israel?
Daneben stehen und nicht an meinen Segen denken, nicht daran, dass Gottes Reich bei uns erscheint?
Ist es doch sehr „Mein Vater“ und mein Zuhause, wo ich Ihn gern hätte?
Avinu
Dann, danach, betrachte ich Avinu.
Jesus erlaubt mir, in dies Gebet, das ganz den Juden gehört, doch mit einzustimmen. In diesem Vater-unser.
(Bitte nicht die Wörter tauschen).
Eingepfropft in Israel, in das Volk Jesu. Das Volk, das Gott Seinen Augapfel nennt.
Vergebung
Vielleicht ist der erste und tiefste Sinn der Bitte um Vergebung im Vater-unser genau der:
Wie erlaube ich meinem Herzen, mit Israel umzugehen?
Und dann: Kann ich Schuld auch für mein Volk tragen? Meine Geschichte?
So wie ich Erbe bin des Guten – so bin ich Erbe des Bösen.
Nicht des schlechten – des Bösen. Böse im Sinne: Wir wollten es, obwohl, ja weil wir es besser wusste.
Israel wird gehasst, weil wir spüren, es ist der hervorgehobene Erstgeborene. Der Erbe!