Ist Vergebung so einfach?

Do 04.07.2024

Mt 9:1-8 Jesus vergibt einem Mann – und heilt ihn dann.

Die Geschichte ist in gewisser Weise beunruhigend unklar. Darum dies nur als Betrachtung.

Wie ist die Ausgangslage:

Teschuwa

Im Judentum außerhalb der Tempelzeit gibt es das Konzept der Teschuwa תשובה.

Sündenerkenntnis, Reue, Bekennen vor Gott, Wiedergutmachung soweit möglich, Ändern des Verhaltens.

In allem gibt es keine Sicherheit, ob mir die Sünden vergeben sind. Teschuwa heißt auf Deutsch Reue und Umkehr.

Vielleicht wie metanoia.

Es ist ein andauernder Prozess.

Evangelisch

So wie ich es kenne, ist dem Evangelischen durch die Taufe scheinbar pauschal vergeben. Freikirchlich wird eher der Glaube betont.

Bei den Christen, denen ich in der Freikirche begegne, habe ich oft das Gefühl, dass es um den Glauben an den Glauben geht. Sie erlösen sich selbst, indem sie glauben, sie glauben. Evangelische der Landeskirche neigen dazu, es zum Problem Gottes zu machen. Ist nicht Sein Erbarmen dafür zuständig?

Katholisch

Hier ist es ähnlich wie in der Geschichte. Es gibt drei Rollen.

Der, der aus Glauben etwas tut (hier die Freunde). Dann der reuige Sünder, gelähmt in seiner Sünde, und der Menschensohn, der in Vollmacht Gottes die Sünden vergibt.

Ich erkenne nicht, dass Gott die Sünden pauschal vergibt. Denn Jesus sagt zu Petrus: „Was du auf Erden löst, wird im Himmel gelöst sein“. Bei Mt 16:19 sagt Jesus es zu Petrus, in Kap. 18:18 zu der „Gemeinde“ (Kirche). Es wird nicht mit sich und Gott ausgemacht.

Der Dritte

Mir scheint, zur Vergebung gehört die „dritte“ Beziehung.

Es ist keine Sache mehr zwischen Gott und Mensch allein – sondern Jesus nennt sich hier explizit Menschensohn (also nicht Gottessohn).

Gott gibt etwas von dem Seinen in die Hand eines Menschen – dem Menschensohn.

Jesus sagt nicht: „Ich vergebe dir im Namen Gottes“.

Vergebung und Heilung

Jesus ignoriert die Schriftgelehrten nicht, sondern er hilft ihnen, in dem Er zeigt, dass Er diese Vollmacht hat.

Ich erwarte also von der Kirche, dass auch sie Menschen heilt – körperlich und seelisch.

Gestern habe ich eine Kritik eines orthodoxen Priesters gehört. Er sagte, die katholische Kirche würde nur von Vergebung sprechen, wärend die Vergebung nur ein Anfang sei. Es geht um Heiligung.

Ich sehe es genauso. Es ist mir persönlich Auftrag geworden.

Nur das ich meine, dass wir (Katholiken) das auch haben – aber offenbar ist es wenig Augenscheinlich.

Sollten wir als Kirche nicht grundsätzlich die Heiligung vermitteln? Immer und jeden Tag. Und auf dem Weg der Heiligung gibt es die Vergebung. Nicht auf der Fortsetzung des Weges der Welt.

Mehr als Buber

Als Freund Bubers ist er für mich grundlegend in allem Denken.

Aber aufbauend auf Buber sehe ich hier das, was ich oben als die „dritte“ Beziehung bezeichnet habe.

Menschen könne für andere vor Gott treten. Dies ist vielleicht sogar in besonderer Weise richtig. Der Dritte ist eher ein Liebender, denn er erbittet nicht für sich.

Gott schaut auf die Liebe.

Die Männer, die die Bahre tragen, sind Dritte, sind Glaubende, sind Liebende.

Und auch Jesu ist Dritter in diesem Geschehen. Er liebt den Vater im Himmel so sehr, dass Er alles auf sich nimmt, nicht um selbst geliebt zu werden, sondern um die Beziehung, die Liebe zwischen Gott und Mensch zu heilen.

Konkret

Es geht immer um konkrete Menschen. Zwar eingebunden in die Gruppe – aber vollzogen am Einzelnen.

Nicht meine Gedanken können mir vergeben – es muss ein konkreter Anderer sein.


Vergebung hat immer mit Beziehung zu tun. Das kann ich nicht mit mir allein abmachen. Und substanzielle Beziehung ist beunruhigend abhängige Beziehung. Ich rette mich selbst nicht.

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