So 15.09.2024
Mk 8:27-35 Zeugnis des Petrus, Nachfolge, Kreuz
Sterbephasen
Im Blick auf Sterbende spricht man (z. B. Kübler-Ross) von Sterbephasen. Oft werden fünf genannt. Ganz vorn steht die Hoffnung auf Irrtum (denial). Die Diagnose muss ein Irrtum sein.
Zu erkennen, was Christ zu werden wirklich bedeutet, scheint mir ein ähnlicher Prozess zu sein.
Ist es wirklich so, dass es für jeden gilt, er nehme sein Kreuz auf sich, folge Jesus nach und willige in sein der Welt sterben ein?
Für jeden?
Was sagen die Menschen?
Ob es stimmt, kann man nicht aus der Ferne erkennen. Wie beim physischen Tod ist die brutale Endgültigkeit des Todes aus der Ferne nur ein Schatten und irgendwie irreal.
Es sind Geschichten, die andere betreffen. Und dass es andere sind, kann man täglich im Krimi erleben.
Der Tod scheint nicht wirklich zum Leben zu gehören – denn wer lebt schon so, dass der Tod ihm jederzeit begegnen darf?
Den Mut, der ganzen Wirklichkeit des Lebens, also des Lebens inklusive des Todes, ins Auge zu schauen, haben nur sehr wenige.
Will ich dem Tod in die Augen schauen, brauche ich Nähe.
Ich habe 6 1⁄2 Jahre die Polizei bei der Überbringung von Todesnachrichten begleitet. Eine wesentliche Motivation (nicht die einzige) war, der Gegenwärtigkeit des plötzlichen Todes nahe zu sein.
Nicht um des Todes willen – sondern um der Realität willen und des Anspruches des ganzen Lebens an mich.
Der Irrtum des Petrus
Petrus war Jesus sehr nahe. So nahe, dass er Ihn als den Messias erkannte.
Nähe ist die erste Bedingung – Petrus hat sie erfüllt.
Auch er hatte Angst vor Jesus gehabt. Vor nicht langer Zeit, als er die Heiligkeit Jesu in seinem Boot erkannt hat, und Ihn von sich gewiesen hat.
Nun aber ist er nahe.
Nach der Ankündigung des Leidens Jesu, ja des Endes Jesu, seines Messias, packte ihn die Angst. Die Angst um Jesus, aber auch die Vergeblichkeit einer Nachfolge, die im Tod dessen mündet, dem er nachfolgt.
Petrus war nahe – aber zum Glück blieb er es auch.
Außer der Nähe ist es unbedingt nötig, unter allen Umständen in der Nähe zu bleiben.
Es geht um Raum und Zeit. Beides muss ich ganz mit Jesus verbinden.
Die Worte Jesu zu Petrus „Weiche hinter mich, Satan“ führten nicht dazu, dass Petrus nach Hause ging.
Ich kann mir schwer vorstellen zu bleiben, nachdem ich so angesprochen wurde – Petrus blieb.
Freiheit
Nach der Geschichte mit Petrus spricht Jesus jene „Todesworte“. Worte, die erschrecken: „Wenn einer mir nachfolgen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“.
Aber als wenn das nicht schon schwer genug ist, kommt noch obendrauf: „Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren“.
Es steht ausdrücklich da, dass Jesus diese Worte zu allen sagt. Er sagt es dem Volk!
Erstaunlicherweise steht dort auch das Wort „will“. Wer es will, wenn jemand will.
Fast so wie eine Einladung zu einem Konzert. Wenn jemand will, kann er kommen, wenn nicht, dann nicht.
Und zugleich: Wer sein Leben retten will, wird es verlieren.
Wem der Tod nicht Mahnung ist, der kann nicht leben. Wenn auch dieser Gedanke allein nicht reicht, ist er ein Anfang. Schon in der logischen Welt stehe ich vor der Lächerlichkeit meines normalen Lebensmodells. Eines Modells, das den Tod einfach ausklammert.
Und Jesus bestätigt: Meine Fähigkeit, mir mein selbstverständliches Sterben vor Augen zu führen, hat Gott mir geschenkt, damit ich erkennen kann: Das hat einen Grund. Ich bin gemacht für mehr als der Sinnlosigkeit in der Vergänglichkeit.
Indem ich mit Jesus gehe und mit Ihm und durch Ihn das jetzt schon vorhandene, aber noch verborgene Leben eines Freundes Jesu führe.
Zusammenfassung
Die Befremdlichkeit der Nachfolge löst Prozesse aus, die Sterbeprozessen ähnlich sind. Das ist der Raum des Glaubens, in dem der Vater mich fragt, was ich wirklich vom Leben will.
Will ich die Saat des jetzigen Lebens essen – oder werde ich sie säen.
Ein Pastor hat einmal erzählt, dass er als Kind in der Zeit nach dem Krieg gehungert hat. Da hat er gesehen, wie seine Mutter die Kartoffeln, die er so gern essen wollte, in die Erde gebuddelt hat. Verzweifelt bat er sie, das nicht zu tun.
Aber die Mutter erklärte ihm, dass es Saatkartoffeln sind und sie so – später – ihren Hunger besser stillen werden.