Mo. 07.10.2024 Gedenktag des Überfalls auf Israel
Lk 10:25-37 vom Nächsten (oder: vom Barmherzigen Samariter)
Meine erste Ausnahme
Seit Jahrzehnten notiere ich Eindrücke aus meinen morgendlichen Andachten. Seit gut zwei Jahren auch öffentlich. Jeden Tag.
Immer habe ich ausschließlich das Evangelium des Tages als Grundlage und es sind geistliche Texte.
Heute gehe ich mehr darüber hinaus denn je.
Singulär
Wenn der 7.10.2023 ein Kriegsereignis gewesen wäre, würde ich darüber schweigen. Kriege gab es und wird es immer geben.
Wenn es eine Reaktion auf die wahrgenommene Unterdrückung durch Israel wäre – ich würde schweigen, egal, wie ich es selbst sehe.
Ich bin jedoch gewiss, es ist hier etwas anders.
Qualität
Es ist mir nicht möglich, die Dinge zu schreiben, die ich davon weiß. Andere mögen das tun – ich kann es nicht.
Denn die Art, wie die Menschen – mit großer Freude auf der Täterseite – in einer Weise verletzt, missbraucht und getötet wurden, ist vermutlich geschichtlich sehr selten, vielleicht einmalig.
Aber es war mehr. Es war ein systematisches Unterfangen, lange und gut geplant – weniger mit dem Ziel, einen Feind zu töten, als mit noch einem anderen Ziel:
Hamas war klar, dass Israel regieren muss. Und es war Strategie, als Gegner palästinensische Kinder ins Feuer zu werfen.
Golda Meïr soll gesagt haben:
„Dass sie uns hassen, können wir ihnen vergeben. Aber, dass sie uns zwingen, ihre Kinder zu töten, können wir nicht vergeben.“
Es war Plan, Soldaten, die ihr Land verteidigen, zu zwingen, mit dem Gegner auch Kinder zu töten. Eine Nation in ein Trauma zu stürzen.
Mit dem Motiv, die Weltöffentlichkeit gegen Israel einzunehmen.
Und die Menschen der Welt so zu Teilnehmern des Krieges zu machen!
Es ging immer um die Welt.
Keine Neutralität
Manche meiner Freunde sagen, sie müssen sich, auch als Christen, aus diesem Konflikt heraushalten.
Schon politisch ist dies nicht möglich. Denn in einer Demokratie wird die Politik wesentlich von der veröffentlichten Meinung bestimmt.
Keine Regierung kann auf Dauer das Richtige tun, wenn nicht zumindest langfristig die Bevölkerung hinter ihr steht – also die öffentliche Meinung.
Israel ist unter die Räuber gefallen
Das Evangelium von heute handelt davon, dass ein Mann unter die Räuber fällt und schwer verwundet liegen bleibt.
Dieser Mann überlebt dank des barmherzigen Fremdlings.
Die ethisch und religiös reinen Männer, die zuvor vorbeikommen, sie sind die eigentlichen Verlierer.
Es geht nicht nur um den Samariter, sondern darum, ob man sich heraushalten kann, ohne am Ende von Gott verworfen zu werden.
Das ist die Frage des Gesetzeslehrers an Jesus.
Er fragt, was ich tun muss, um das ewige Leben zu ererben.
Jesus sagt nicht: „Du musst Christus annehmen und an ihn glauben.“
Er sagt nicht: „Geh in die Kirche und feiere die Zeremonie“.
All das ist gut und nötig.
Aber Er offenbart, dass die Mehrheit der Menschen an der ihnen gestellten Aufgabe vorbeigehen und so auch am Himmelreich vorbeigehen.
Niemandem wird Barmherzigkeit widerfahren, der sich immer raushält.
Israel, der Augapfel Gottes
All das gilt immer, egal, wer betroffen ist.
Für mich als Christen gibt es noch einen Punkt, den wichtigsten.
Wer nicht sieht, dass Israel immer und zu aller Zeit Gottes Augapfel ist, hat auch keine Augen, Gott zu sehen.
Am Ende gibt es keine Erkenntnis Gottes, ohne Erkenntnis, dass Gott konkret auf Erden handelt.
Jesus war ein konkreter Mensch.
Manche sagen Er wäre Palästinenser gewesen, andere möchten Ihn in diversen Hautfarben haben. Oder gleich irgendwie geistlich.
Er aber war konkret und ebenso ist Gott in Israel konkret.
Wie geht es weiter?
Ich glaube, dass Israel als Volk nicht untergehen wird.
Was genau geschieht, weiß ich nicht.
Meine Sorge ist nicht vorrangig nur Israel.
Denn ob wir bestehen bleiben, hängt von unserer Stellungnahme ab.
Und da bin ich nicht optimistisch.
Ich sehe eine wachsende Gottesferne – auch und gerade der Kirchen und derer, die sich Christen nennen.
Erkennbar an dem Übergang zur Tagesordnung nach dieser Offenbarung Gottes.
Der große Theologe Dietrich Bonhoeffer hat in dunkler Zeit (1935) in etwa gesagt: „Wer nicht mit den Juden schreit, hat auch kein Recht, gregorianisch zu singen.“
Ich erlebe, wie Menschen ihr eigenes Heil besingen – und nicht erkennen, dass es Gott immer um das Heil des anderen geht. Erlöst sein ist erlöst sein von der Selbstsucht – und der Hinwendung zu diesem, den kleinsten unter den Brüdern (von der Volksgröße her).
„Wo habe ich Dich unter den Räubern gesehen und habe Dir nicht gedient?“