Gefangener der Welt

So 13.10.2024 Hooksiel

Mk 10:17-30 Vom reichen Jüngling

Menschlich nicht verständlich

Nicht nur, dass es für einen Reichen fast unmöglich ist, in den Himmel zu kommen – auch der Text heute ist fast unmöglich zu verstehen.

Der Jüngling hält die Gebote, wie Jesus sie nennt. Kommt er nun dennoch nicht in das Reich Gottes? Was sollen die Gebote dann?

Wenn es bei Menschen unmöglich ist, und nur bei Gott – ist dann Gott verantwortlich?

Was erschrickt die Jünger so sehr? Sie waren doch nicht reich, und in Israel waren zu der Zeit die meisten Menschen arm.

Ich schaue Schritt für Schritt, was sich dennoch zeigt, was Du mir zeigst.

Nur die Liebe darf fordern

Und mehr noch: sie muss fordern.

Jesus schaut nicht von oben auf den reichen Mann. Auf Bill Gates oder George Soros. Sondern er gewinnt ihn lieb. Jesu Liebe betrifft nicht nur Arme und Kranke – auch Reiche und Fromme.

Die Liebe sieht tiefer. Sie sieht das eigentliche, das, was an dem Weg noch fehlt.

Bei dem einen ist es das Halten der Gebote. Z. B. ehre Vater und Mutter, oder sei deiner Frau treu.

Bei dem anderen gehört mehr dazu.

Aber es ist immer das, von dem ich glaube, dass ich gerade das, nur das, nicht kann. Das ist zu viel, das kann ich nicht, das lässt mich traurig zurück.

Die Liebe muss fordern

Muss benennen, was ein anderer nicht benennen darf. Der heilige Arzt öffnet die eiternde Wunde. Denn es ist das Wesen des Menschen, dass er sich nicht allein helfen kann. Er kann seine Tabus, seine „No-Go’s“ nicht anschauen.

Der, der ihn liebt, muss bereit sein zu erleben, dass seine Liebe ausgeschlagen wird.

Er darf nicht zudecken, was hier und jetzt nötig ist zu benennen, damit der andere über sich hinaus wachsen kann. Über sein bisheriges Ungenügen.

Aber Vorsicht. Achte zuvor auf den Balken in deinem Auge.

Und ebenso: Den Splitter im Auge des Bruders zu belassen, damit man nicht an seinem eigenen Balken arbeiten muss, ist Ausdruck fehlender Liebe.

Liebe braucht ein großes Maß an Härte gegen sich selbst.

Gefangenschaft

Ich sprach gestern davon, dass mein Denken, mein Aufmerken zumeist irgendwo ist – aber viel zu wenig beim Hören auf die leise Stimme Gottes.

Reichtum ist ein Lebensmodus der Selbstsorge. Ich nenne Gedanken, die daraus folgern:

Wie werde ich reich, wie ist es reich zu sein, wie bleibe ich reich, was und wer gefährdet mein Reich sein, wie nutze ich es.

Dann die Gedanken der Sicherheit im Reichtum, der Wirksamkeit aus dem Reichtum, des Wertvoll seins durch Reichtum.

Und vieles mehr.

Es springt ins Auge, dass dort kein anderer Gott mehr ist als dieser.

Jedenfalls kein Gott als Gott. Vielleicht, und gern, Gott als moralischer Coach.

Für Reichtum lässt sich vieles anderes einsetzen:

Autorität und Macht. Intellektuelle Überlegenheit. Moralische Selbstgewissheit. Ein Grundgefühl schon irgendwie richtig zu sein („das habe ich alles gemacht“).

Aber auch allgemeines gesehen und beachtet werden. Heute besonders auch viele Follower und großer Einfluss (Influencer sein).

Mir scheint, für einen Influencer ist es kaum möglich in das Reich Gottes zu kommen – jedenfalls nicht ohne: Lösche alles und komm und folgen mir nach.

Praxis

Ich habe wenig Erfolg. Manchmal zwickt es ein wenig – wie töricht.

Erfolg gefährdet meine Unabhängigkeit.

Wahrheit bindet an Gott, Erfolg bindet an Menschen.

Von wem bekomme ich, was mich froh macht?

Nichts soll mir nur annähernd so wertvoll sein wie Du, Vater.

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