Di 15.10.2024 Hooksiel
Lk 11:37-41 Jesus beim Mahl mit dem Pharisäer
Zu dem Text von heute beeinflusst und beunruhigt mich ein intensiver Traum heute Nacht. Er trennt mich von meinem Gestern mit seinen Gedanken zu diesem Text. Es ist der Unterschied zwischen Mut und Demut. Beides Ausdrucksweisen von Mut.
Bin ich mutig?
Mutig wie Jesus? Er sagt dem angesehenen Pharisäer, dem vorbildlich Frommen, harte Worte. Als Gast, als Wanderprediger, als Sohn eines Zimmermanns.
Wenn überhaupt, dann würde ich einleitende Worte suchen, die mein Wohlwollen und Respekt ausdrücken. Wie kann ich es ihm so milde wie möglich sagen?
Vielleicht würde ich so selbsbesorgt sein, dass ich zuerst überlegen würde, was die Konsequenzen für mich sein können, bevor ich überhaupt etwas sage.
Vielleicht hat es schlimme Folgen für mich, wenn ich ungefragt sage, was ich meine zu sehen.
In welcher Rolle bin ich denn?
Spontan habe ich mich in die Rolle Jesus versetzt.
Aber vielleicht bin ich heute eher der Pharisäer?
Der Mann, der Jesus einlädt, aber auch schon vorher ein Eiferer war.
Der Pharisäer wusste, was richtig ist.
Meine letzten Gedanken, bevor ich vor 38 Jahren Christ wurde, waren Gedanken religiös-intellektueller Überlegenheit. Ich kam, um zu beurteilen und zu inspizieren in jenes Zelt der scheinbar etwas lächerlichen Figuren.
Dabei war ich blind für meine große Schuld, die gerade in jener Zeit groß wie eine Sintflut war.
Der Pharisäer war gastfreundlich und interessiert. Er war gebildet und (besser als ich) diszipliniert. Er hatte schon die richtige Religion und führte sie nach der Weise der Väter mit Eifer aus.
Er war viel besser als ich damals in dem Zelt.
Glaube ich heute schon wieder gut zu sein – wie damals?
Der Traum
Im Traum fiel oder glitt ich von großer Höhe herab. Jemand neben mir sprach mit mir. Ich bildete mir ein, mit diesem nicht reden zu können. Er aber machte mir große Vorwürfe. Einer davon war: sag erst mal, wer du bist.
Ja, rede ich als jemand, der ich vielleicht nicht bin?
Nach einer Weile bemerkte ich, wer ich eben nicht bin.
Und in einer Welle der Reue spürte ich meine Schuld an jenem anderen neben mir.
Ich hatte ihm die vielleicht vorhandene Wahrheit durch Überheblichkeit so verdunkelt, dass er sie nicht annehmen konnte.
Und er hatte dennoch in seinem Tun vieles richtiger gemacht, als ich in meiner Schlauheit.
Ein anderer
Später spürte ich die übergroße Freundlichkeit des anderen, dass er mich dennoch nicht aufgegeben hatte, mich nicht verworfen und sich nicht endgültig von mir getrennt hatte.
Scham und Dankbarkeit verändern mich zu einer ganz neuen Weichheit. Es war, als spüre ich endlich mein Herz.
1560
In dem Jahr hatte Teresa von Ávila eine überwältigend schreckliche Vision.
Ich ahne, was sie sah – weit davon entfernt, es selbst zu sehen.
Heute ist ihr Gedenktag.
Theresa kam aus einer modernen, intellektuellen, aufgeklärten Welt. Wenn auch dennoch frömmer als wir heute.
Sie kannte die Bibel, aber auch die anderen großen, nicht christlichen Philosophen.
Etwas davon ist auch in mir.
Will ich nun den Blick tun, den sie tat?
Wirklich wissen, wer ich bin?
Jedes bisschen Mut, den ich finden kann, will ich in die Bereitschaft stecken, gedemütigt zu werden. Gott helfe mir.