Drei Arten der Blindheit

So 27.10.2024

Mk 10:46-52 Die Heilung des Blinden von Jericho

Will ich sehend werden?

Mein blinder Freund spricht nicht davon, dass er sehend werden will. Ich verstehe ihn so, dass das in seiner Umgebung (er arbeitet mit Blinden zusammen) kein Thema ist, eher wird das, was andere als Mangel deuten, als unerwünschte Zuschreibung gesehen. Sie wollen sich nicht von einem behaupteten Mangel einschränken lassen.

Seitdem denke ich ganz anders über diese Geschichte. Warum wollte der Blinde so gern „aufblickend“ werden, wie das Wort genau heißt?

Was bedeutet die Geschichte für mich?

Drei Arten der Blindheit

Körperlich, Seelisch und Geistlich. (Ich beuge mich für die Verständlichkeit dem Wort „Geistlich“, ich halte geistig für den richtigen Begriff).

Seelische Blindheit betrifft meine Wahrnehmung der Menschen um mich herum. Würde ich sie sehen, wie Jesus Menschen sieht, wäre da kein Raum mehr für Selbstliebe. Dann würde ich, wie beim physischen Sehen, erkennen, was nahe ist. Wem ich nächster bin. Nicht das selbst gesuchte – sondern das vom Anderen her erscheinende (wie die Phänomenologie es für die Wahrnehmung versucht).

Geistliche Blindheit betrifft meine Wahrnehmung Jesu. Im Seminar zum Thema „Gott hören“ sagte Tanja Harris gestern, Gott ist ein Meister der Kommunikation.

Aber sollte ich Ihn dann nicht ständig hören?

Ihn so hören das ich ohne Zögern und immer Gehorche?

Warum ist das nicht so?

Mir scheint, ich weiß, warum.

Will ich Jesu Licht?

Sehen bedeutet: im Licht sein.

Teresa von Ávila wurde ein Blick ins Fegefeuer gewährt. Dem Ort, an dem das Licht mich ganz ausleuchten und die Scham mir vorkommen wird wie brennendes Feuer.

Wer seine Schuld, seine Willensschuld erkennt – dem brennt es wie Feuer. Wie kann jemand glaube, er käme ohne solche Reinigung zum Vater an den Hochzeitstisch?

Zur Erinnerung: Es geht mir (fast) nicht um falsches Handeln – es geht mir um unterlassene Liebe, genauer: um die Umlenkung meiner Liebe und meiner Sorge auf mich selbst.

Die brennende Scham bricht auf, wenn ich erkenne, dass meine Selbstliebe eigentlich Unglaube ist. Ich misstraue der mich vollständig umhüllenden Liebe Jesu. Es gibt gar keinen Ort mehr an mir, den ich lieben könnte – denn alles ist schon von Jesus Liebe berührt.

Aber meine Selbstliebe verdrängt Jesu Liebe.

Wie soll mich jemand beschenken, wenn ich mir alles selbst kaufe?

Im Licht der Liebe Jesu werde ich erkennen, dass ich keinerlei Grund hatte, keine Ausrede, nicht alle meine Liebe auf den zu richten, den Jesus mir vor die Nase gestellt hat.

Und DARAN erkennt die Welt den Christus.

Denn sich selbst lieben tut auch die Welt. Sich selbst und den, der nett zu mir ist.

Dein Glaube hat dir geholfen

Sobald das Licht aufscheint, sehe ich alle Schuld an meinem Leib.

Das ist unerträglich.

Darum suchen die Menschen die Dunkelheit.

Darum suchen sie (und ich) Ausreden und lassen nicht ab, sich selbst zu „entschuldigen“.

Sich zu entschuldigen (im Wortsinn) ist unmöglich – nur der andere kann mich entschuldigen.

Schuld einzugestehen bedeutet, sich in die Hand des Gläubigers zu geben.

Ein Gefühl von Selbstentmachtung, ja fast Selbstvernichtung.

Der Glaube nun, ist nicht ein Gefühl von Glauben, sondern ein Sprung in die Liebe Jesu.

Wenn ich mich auch selbst verliere – ich tue es in der Hoffnung auf Jesus, der Seine Hand ausstreckt und mich aus dem Tode reißt.

Zunächst aus dem partiellen Tode der Geringachtung anderer.

An vielen Stellen erlebe ich diesen Vorgang nicht anders als mit Tränen. Die furchtbare Angst, mich loszulassen und die zitternde Annahme der ausgestreckten Hand Jesu.

Ich kann nur sehen wollen, wenn ich von der Erlösung weiß, die zugleich auf mich wartet. Genauer: wenn ich der Hand traue, die mich ergreifen wird.

Meinem Schöpfer traue, meinem Vater.

Glaube ist immer schon da – genau wie Liebe.

Es geht darum, den Glauben von mir selbst und meinen Werken weg auf Jesus hin, zu richten.

Ich brauche keinen Glauben – ich brauche Glauben an Jesus!

Er, dieser Glaube, ist Anfang und Ausdruck der Liebe.

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