So 03.11.2024
Mk 12:28b-34 Die Frage nach dem höchsten Gebot
Dutzende, ja Hunderte von Geboten.
Jesus antwortet auf die Frage des Schriftgelehrten mit zwei weit entfernt liegenden Stellen aus der Thora, dem 5. Buch Mose, Kap. 6 und dem 3. Buch Mose, Kap 19.
Im 19. Kapitel des 3. Buches Mose steht eine lange, lange Liste von Geboten. Sie fängt mit dem Heilgkeitsgebot an („Sei heilig, denn ICH bin heilig“) und geht immer weiter über Themen des täglichen Lebens. Und recht nebenbei, in einem Halbsatz, dieses Gebot der „Nächstenliebe“.
Nächstenliebe?
Wenn man den tiefsten Sinn eines AT Schriftwortes sucht, schlägt man besten bei Martin Buber nach.
Buber schreibt: „habe lieb, deinen Genossen, dir gleich.“
Und der Vers sonst redet nur von den „Kindern deines Volkes“.
Also etwa: Habe lieb die jüdischen Brüder, sie sind ja wie du.
Bruderliebe – eher nicht Nächstenliebe oder gar Feindesliebe.
Wie kann der Schriftgelehrte darauf kommen, dass dieser Nebensatz wichtiger ist als alle Schlachtopfer und Brandopfer?
Jesus bestätigt ihn und seine Nähe zum Reich Gottes.
Aber warum steht es nicht einfach genau so in der Thora? Tanja Harris nennt Gott einen super Kommunikator – diese Wirklichkeit ist aber unter einem Berg von Geboten tief verborgen.
Zwischen Unendlich und Menschlich
Luther hat das Fegefeuer abgeschafft, weil er meinte, die große der Gnade Jesu sei so groß, da spiele das Werk des Menschen keine Rolle.
Ja, wenn dort ein unendlicher Gott steht, kann alles, was ich tue, wie nichts erscheinen.
Gott hat aber entschieden, dass es nicht so ist.
Es steht nicht das Unendliche Gottes gegen das Nichtige des Menschen.
Es steht das alles Gottes gegen das alles des Menschen.
Gott gibt „nicht mehr“ als Sein Leben (in Kontrast zu diesem immer mehr des Unendlich). So kann Er sich ein Gegenüber berufen, dessen Hingabe genau! Seiner Würde entspricht. Gottes Würde und des Menschen Würde.
Wer also meint, er könne sich irgendetwas sparen, weil es im Vergleich zum Unendlich Gottes nicht in Gewicht fiele, der Irrt.
Der Kehrwert von Ewig ist Tot – und umgekehrt.
Alles, was ich von meiner ganzen Hingabe zurückhalte, wird im Ewigen verweht sein.
Nichts von dem, was ich mir bewahre bleibt bewahrt.
Ich widerspreche also Luther, wenn er meint, man könne sich das beten für die Toten sparen, weil es nichts ist, im Verhältnis zur unendlichen Gnade Jesu.
Im Gegenteil. Alles noch Irdisch-Zeitliche ist so viel mehr, gerade, weil es in gewisser Weise unter dem Bruchstrich steht.
Die Liebe des Menschen, die über den Tod des Geliebten hinaus besteht, ist Jesus ein köstlicher Duft. Den wird Er nicht lässig mit der Überfülle Seiner Gnade beiseite wischen.
Wie hängt das nun zusammen
Gott verbirgt und offenbart sich nicht in einem einzelnen Wort.
Der Schriftgelehrte musste mit Demut und Eifer und ganzer Hingabe um Gott ringen – und Jesus bestätigt ihm die Frucht seines irdischen Tuns.
Niemand findet in einem „nichts als“ die Antwort. Immer ist unsere Leiblichkeit, unsere Zeitlichkeit und all unser Ringen nötig.
Die ganze Leiblichkeit des Menschen ist ein wahres Äquivalent zu Gott!
Nicht Erkenntnis allein, nicht Brandopfer allein, nicht geistige Handlung allein.
Nur alles – in einzelnen Schritten der Hingabe.
Die „Kommunikation“ Gottes besteht zuletzt nicht in Worten, ja nicht einmal in Offenbarungen, Visionen, Träumen etc.
Sie besteht in dem sich verzehren lassen Jesu.
„Wenn ihr nicht mein Fleisch esst, und mein Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch“.
Daraus folgt dann das verzehrt werden von Gott.
Denn indem ich Sein Fleisch esse, werde ich ganz verzehrt werden, von der Vaterschaft Gottes.