Do 21.11.2024
Lk 19:41-44 Jesus weint über Jerusalem
Nahe kommen
Und als Er nahe hinzukam, sah Er die Stadt und weinte.
70 nach Christi wurde der Tempel zerstört. In einem gewaltigen Krieg, dem „Jüdischen Krieg“ starben hunderttausende Menschen, vielleicht die Hälfte aller Juden. Es konzentrierte sich auf Jerusalem. Und weil bis zu 300.000 Pilger dort waren, betraf es doch ganz Israel.
135 nach Christi starben erneut ähnlich viele Menschen. Der Rest wurde vertrieben, vielleicht knapp 100.000 als Sklaven geraubt.
Diesem ganzen Geschehen kommt Jesus nahe, ganz nahe. Er taucht in das Leid der Stadt ein.
Er sieht die Kinder, die Zukunft des Volkes, sterben – und schaut nicht weg. Er sieht wie das Heiligtum zerstört wird, der Tempelschatz wird nach Rom gebracht. Rom erbaut mit diesem jüdischen Schatz und mit den weggeführten Sklaven das Kolosseum – Mahnmal bis heute.
Es ist der Augapfel Gottes, damals wie heute. Und damals wie heute ist Gottes Liebe größer als Seine Macht.
Eine Liebe, die Ihn mit Schmerz und Geschrei vor diesem stehen lässt.
Jesus weint laut
Anders als bei Lazarus (Joh 11:35) weint Jesus hier laut. Gott weint, klagt und schreit.
Er ist ein Gott, der etwas Größeres hat, als alle Herrlichkeit des Himmels: Seine Liebe zu Seinem Volk Israel und zu Seiner Stadt Jerusalem.
Anders als bei Sodom kommt Er nach Jerusalem nicht zu richten oder zu strafen – sondern zu weinen.
Viele sagen „Gott sitzt im Regiment“, oder: Gott wird alles richten.
Das könnte Seine Allmacht tun – Er tut es nicht.
Er setzt Menschen ins Regiment und lässt sich zufügen, was keinem Gott geschehen kann. Kein Allah und kein Buddha wurde je so verletzt, gekränkt und nackt ausgezogen.
Und doch ist das nicht Sein schlimmster Schmerz – sondern Sein Schmerz um Jerusalem ist es, der Gottes Schwäche offenbart.
Wir können Gott verletzen und wir tun es.
Wir gehen hin und Sorgen um uns selbst – als wenn da kein weinender Gott wäre.
Einer der alles gab – und doch kaum Antwort bekam.
Kann denn die Träne Gottes nicht mein Herz erweichen?
Vielleicht könnte man meinen, ein starker Gott könne ein Kreuz ertragen. Vielleicht.
Aber diese Träne Jesu offenbart keinen starken Gott. Keinen tapferen Helden.
Sondern Er ist der ausgegossene Schluck Wasser, von dem ich gestern sprach.
Er ist überwältigt von dem, was Seine Augen sehen und Sein Herz trifft.
Kann ich mich abwenden und meine Augen verschließen – Er tut es nicht. Sehenden Auges sieht Er jeden Schmerz, jedes Detail des Gemetzels in Jerusalem.
Und all das fängt an mit unserem harten Herzen, das mehr eine Burg ist als ein Herz.
Die Jünger singen Halleluja
Zur gleichen Zeit, in der Jesus weint, singen die Jünger Halleluja.
Viele Christen wollen immer Halleluja singen und fordern Glückseligkeit von Gott. Gott aber sitzt auf dem Esel und weint.
Wer will sich zu Jesus gesellen – und staunend Sein Herz betrachten – bis meines endlich weich werde vom Herzen Gottes.
Bis es lieber an allem Anteil nimmt, was Ihn berührt – ohne nach eigenem Glück zu fragen.
Ich will verkosten, was Du verkostest, ich will sein, wo Du bist (vergleiche Ruth).
Nicht zu richten – sondern zu weinen.
Ein Kommentar zu „Sieh, welch ein Gott“