Kritische Masse

Mo 25.11.2024

Lk 21:1-4 Die zwei Münzen der Witwe

Weiter Andachten zu diesem Text: Wovon oder wofür und Schmelztiegel Gottes.

Zusammenhang der Texte

Der Text aus der 1. Lesung stammt aus der Offenbarung 14:1-5. Er handelt von den 144.000, die den Namen des Lammes und des Vaters an ihrer Stirn haben.

Der Psalm des Tages ist Psalm 24.

“‭Wer wird auf‭‭ des HERRN‭ Berg‭ gehen‭‭, und wer wird stehen‭‭ an seiner heiligen‭ Stätte‭?‭ ‭Der unschuldige‭ Hände‭ hat und reines‭ Herzens‭ ist; der‭ nicht Lust‭‭ hat zu loser Lehre‭ und schwört‭‭ nicht fälschlich‭:‭”

(Psalmen 24:3-4, Lut)

Priester und Ordensleute

Es scheint um Ganzhingabe zu gehen. Vielleicht um eine besondere Schar. Vielleicht die, die in Klöstern leben oder als Priester des Zölibats.

Immer wieder kommt die Frage einer Mehrklassengesellschaft im Himmel. Vielleicht doch nicht für jeden?

Was bedeutet das für die Relevanz der Bibelstellen für mich als normalen Christen?

Ich nehme für einen Moment, als wenn es so wäre. Als wenn solch strenge Hingabe noch einmal für bestimmte Menschen gilt.

Lehne ich mich dann zurück und sage: Ok. Hauptsache, ich komme nicht in die Hölle. Hauptsache, ich lebe in irgendeiner Wei se mit Gott und der himmlischen Welt. Hauptsache, ich kriege es „gut genug“ hin.

Will ich das?

Will ich los sein von der Last der Ganzhingabe?

Wenn es nicht sein muss, dann besser nicht?

War nur die Unruhe und Angst Motor und Frage? Eine Art: Sicher ist sicher?

Wenn ich ganz frei bin – was will ich dann?

Will ich dann nicht lieber einen Weg mit wenig oder keinem Leid? Keinen Verlust eines Standbeines in der Welt?

Gibt denn die Witwe die zweite Münze aus Angst, die eine könnte eventuell nicht genügen?

Kenne ich Dich so, dass ich Dich zwar will – aber auch noch „vernünftige Sicherheit“?

Oder will ich durch jene enge Pforte, selbst wenn ich es nicht müsste?

Nicht in rauschhafter Begeisterung – sondern nach gründlicher Prüfung.

Ludwig Wittgenstein (1889–1951)

Er war Erbe einer Familie, die zu den reichsten in Österreich-Ungarn gehörte. Er übertrug alles seinen Geschwistern. In einem Vertrag, der kein Zurück erlaubte.

Es war Ausdruck der ethischen Entscheidung, die er in den Schützengräben des Ersten Weltkrieges klar erkannte.

Viele andere haben es ähnlich gemacht, besondern auch Ferdinand Ebner (1882-1931), ein entschiedener Christ, zentrale Person der dialogischen Philosophie.

Ist das der Weg?

Vielleicht.

Kritische Masse

Es gibt eine kritische Masse, von der aus der Weg in eine bestimmte Richtung geht.

Es ist ein Begriff aus der Atomphysik.

Wenn genug Masse vorhanden ist, sodass mehr neue Neutronen freigesetzt werden, als verloren gehen, kann eine selbstverstärkende Kettenreaktion entstehen.

Mir scheint, dass viele Christen – ich auch – lange Zeit ihres Lebens auf einem zwar angereicherten Niveau verbringen, aber kein anwachsender Überschuss entsteht.

Gibt es in meinem Leben eine starke Dynamik des Glaubens?

Nicht nur mehr Eifer – auch mehr Tiefe und Reinheit.

Eine Zunahme an Mut, um Wahrheit zu prüfen, anzunehmen und im Alltag zu vollziehen.

Die zweite Münze zu geben, ist nicht nur ein plötzlicher Akt der Umkehr. Auch wenn das an manchen Stellen nötig, ja unverzichtbar ist.

Es ist auch Frucht eines Prozesses, der wirkliches Wachstum ist.

Im Klein-Klein des Alltags bescheiden, aber klar, Neuland betreten.

Ich will

Die Antwort auf meine obige Frage ist eindeutig.

Ich will Dich, Herr Jesus, auch wenn ich es nicht müsste oder nichts davon hätte.

Und dieser Wille ist keine verpuffende Entzündung von Stroh oder gar Benzin. Es ist eine endgültige Zustimmung zu dem Weg, den Du bereitet hast.

Hinterlasse einen Kommentar