Vorübergehen

Sa 18.01.2025

Mk 2:13-17 Die Berufung des Levi

Der Text

Jesus geht wieder hinaus an den See; alles Volk kam zu Ihm, und Er lehrte sie. Und als Er vorüberging, sah Er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach! Und er stand auf und folgte ihm nach.

Über mehr will ich heute nicht sprechen.

Vorübergehen

Elija geht an Elisa vorüber und wirft ihm seinen Mantel zu. Es ist die Berufung zum Nachfolger (1.Kö 19).

Gott geht an Mose vorüber עָבַר (ʿāvar), und offenbart seinen Namen.

Das hebräische Wort avar kommt bedeutungsvoll auch im 1. Mo 12 vor:

„Und Abram zog hinüber (וַיַּעֲבֹר, va-yaʿavor) in das Land Kanaan.“

Und zudem beim Durchgang durch den Jordan und anderen Ereignissen.

Selbst der Name der Hebräer kommt daher.

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Ich schließe mich der KI an, die sagt: Das Vorübergehen Gottes ist der Übergang zur Freiheit.

Angst

Kann es mir passieren, dass Jesus vorübergeht und ich nicht reagiere? Dass ich versäume, was nur jetzt geschehen kann. In meinem Zögern, in meinen Bedenken.

Das Vorübergehen drückt aus, was ich meine, wenn ich sage: Nicht alle werden bei Gott sein. Manche garnicht, auch viele Christen nicht. Viele, die glauben zu glauben.

Nicht von Gott her – aber von meinem Zögern her.

Prüfen und Irrtum

Soll ich nicht zuerst alles prüfen?

Ich vermute, das betrifft zumeist, was ich will.

Hier aber kommt eine Frage von woanders her. Eine Frage, die nicht unmittelbar attraktiv ist. Jesus verlockt nicht und verführt nicht – im Gegenteil.

Mir scheint, eine Berufung berührt ein inneres Wissen, das schon lange vorher da ist. Sie konstruiert dieses Wissen nicht.

Der Kairos ist in den Chronos eingebettet, siehe Perlenkette.

Die Berufung ist weniger ein Neues, als ein Loslassen von etwas Altem, dem „Hinderer“.

Würde

(a) Im Rufenden ist ein du gemeint. Mein Sein wird in Ihm bestätigt.

(b) In der freien Zustimmung entfalte ich meine eigene Würde. Es ist ganz mein Ja.

Im Alltag (z. B. der Ehe) entfalte ich in meinem bedingungslosen Ja zum anderen mich selbst und bestätige den anderen. Das macht mich zum einzigartigen Menschen für ihn – und mich macht es erst zum Menschen in seiner Fülle.

Praxis

Eine Annahme des Rufes ist eine Entscheidung. Also in hohem Maße eine Scheidung. Eine Scheidung von dem, was bisher den Platz in meinem Herzen einnahm.

Es ist zuerst ein Verlust.

Ein Verlust des schon gehabten, schon erlebten, schon gekannten.

Auch ein Verlust von materiellem Besitz.

Vor allem ist es ein Verlust von Macht, von Selbstbestimmung – und Freiheit.

Ich sagte schon: Die Freiheit ist kein Wert an sich, sie ist dafür da, geopfert zu werden.

Und das wird sie immer – doch wofür?

Auch der Abschied von der Illusion der Macht ist mir schmerzhaft.

Die Liebe will die Liebe. Da verlockt sie die Macht und flüstert ihr ein, sie wolle ihr helfen. Lässt die Liebe das zu, stirbt sie.

Ich will Menschen ein Segen sein. Will Menschen in meiner Umgebung in die Nachfolge führen. Auch mit solch einer Andacht.

Aber Achtung: Ich muss bereit sein, „vorüber zu gehen“. Freizulassen. Kluge Worte, wenn sie zu Machtmitteln werden, beiseite zu lassen.

Wie viel lasse ich mich in meiner Liebe auf das Geflüster der Macht ein?

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